Dank moderner VR-Technologie erleben die Nutzer innerhalb der Gaming-Szene ein grenzenlos realistisches Spielerlebnis mit größtmöglichem Spaß-Faktor. Das ungeahnte Potenzial der Virtual Reality bleibt dabei oft ungesehen. Wie die VR-Brille jenseits der Unterhaltungsbranche zum Lebensretter wird, erfahrt ihr im folgenden Artikel.
Innerhalb der Virtual Reality können verschiedenste Situationen und Umgebungen detailgetreu mithilfe des 3D-Scans visuell nachgebildet werden. Im Gaming-Bereich wird die VR-Technologie schon länger genutzt und ist inzwischen auch für Privatpersonen zugänglich. Nun wurde das weitaus größere Potenzial der VR-Brillen erkannt, sodass die Technologie seit einiger Zeit in den Bereichen Medizin, Katastrophenschutz und Sicherheit zum Einsatz kommt.
Unterschätztes Potenzial der VR-Brillen
Die sogenannten Serious Games breiten sich aktuell weiter innerhalb des Rettungsdienstes aus. Gemeint sind tatsächlich „Ernste Spiele“: Digitale Spieleanwendungen, die an erster Stelle nicht der Unterhaltung dienen, dennoch aber Elemente des Spiels beinhalten können. Dahinter steht die Vorstellung des „Game-based Learnings“, also das spielerische Lernen, das bereits in vielen Bereichen bereits eingesetzt wird.
Vor allem im Rettungsdienst und bei der Feuerwehr sind die Einsatzkräfte und Notfallsanitäter ständig einem besonders hohen Risiko und lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt. Die Anzahl der deutschlandweiten Verkehrsunfälle im Jahr 2017 zeigt, wie enorm die Ersthelfer täglich gefordert werden: Allein im letzten Jahr wurden 302.656 Unfälle mit Personenschaden, darunter 66.513 Schwerverletzte und 3.180 Verkehrstote, polizeilich erfasst (Statistisches Bundesamt).
Deshalb ist regelmäßiges Einsatztraining ein absolutes Muss. Die Ersthelfer werden dadurch auf die schockierenden Momente vorbereitet, damit sie im Ernstfall ruhig und konzentriert arbeiten können. Bestimmte Szenarien von besonderer Gefahr kommen glücklicherweise seltener vor, können deshalb aber kaum trainiert werden. Zum Teil erleben die Rettungskräfte diese Umstände zum ersten Mal vor Ort, in der Situation selbst.
Das Deutsche Rote Kreuz als Vorreiter
Um das zu verhindern, setzt das Deutsche Rote Kreuz seit März 2017 auf VR-Brillen und arbeitet in Kooperation mit HTC Vive. Das DRK Rheinhessen-Nahe nutzt die Brillen sowohl in der Aus- und Weiterbildung sowie innerhalb spezieller Gefahrensimulationen. Aktuell stechen dabei zwei Pilotprojekte heraus: Das MANV3D, ein virtuelles Einsatztraining, und der virtuelle Rettungswagen RTW360VR.
Der Rettungswagen ist dabei vollständig mit Hilfe von 3D-Scans nachgestellt und für die Sanitäter in Aus- und Weiterbildung virtuell erlebbar. Dadurch erlernen die Auszubildenden bestimmte Tätigkeiten mit weniger Aufwand und kostengünstiger. Theoretische Prozesse können dennoch praxisnah vermittelt werden und der Teilnehmer kann mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen bestimmte Handlungen gezielt üben. Auszubildende können beispielsweise ohne jegliche menschliche Beteiligung Infusionen virtuell vorbereiten und legen. Mehr Infos zum virtuellen Rettungswagen findet ihr auf der Homepage des DRK-Rheinhessen-Nahe.
Darüber hinaus bietet das DRK das MANV3D an: Ein virtuelles Einsatztraining, das die Sanitäter auf sehr gefährliche und lebensbedrohliche Situationen vorbereitet. Die Rettungskräfte befinden sich in einer nachgestellten Unfall-Umgebung und haben die Möglichkeit diese zu erkunden und die Verletzten zu sichten:
Offizieller Hinweis des DRK: Das Video ist für Kinder nicht geeignet und zeigt ggf. verstörende Inhalte. Die abgebildeten Personen sind professionell präparierte Darsteller im Rahmen des Projektes. (Quelle: Youtube-Kanal des DRK Rheinhessen-Nahe)
Zukünftig folgen neue Projekte, wie das 3D-Modell eines Patienten, um die Ausbildung im Rettungsdienst weiter zu optimieren.
Augmented Reality in der Praxis
Neuere Forschung beschäftigt sich darüber hinaus mit dem Einsatz von Augmented Reality (erweiterte Realität) bei echten Rettungseinsätzen. Das Projekt AUDIME (Audiovisuelle Medizinische Informationstechnik) erforscht den Einsatz von AR-Brillen in den Helmen der Rettungskräfte und wird dabei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt.
Die Ersthelfer tragen während des Einsatzes eine Datenbrille mit integrierter Kamera, die visuelle Informationen (Bilder, Texte und Objekte) einblendet und den Rettungsprozess dadurch unterstützt. Oftmals finden die Ersthelfer ihre Unfallopfer mit schweren Verletzungen vor, die eigentlich Facharzt-Wissen und eine Behandlung im Krankenhaus benötigen.
Die eingeblendeten Informationen sind für die Notfallsanitäter eine Hilfestellung, um auch in komplizierteren Situationen die Patienten entsprechend behandeln zu können. Sogar die direkte Kommunikation mit Ärzten im Krankenhaus sowie mit anrückenden Einsatzkräften, ist mit den AR-Brillen möglich. Weitere Informationen zum Projekt AUDIME und konkrete Szenarien findet ihr hier.
Virtual Reality kann sehr vielfältig zum Einsatz kommen, da annähernd jede Situation und Räumlichkeit virtuell nachgestellt werden kann. So finden beispielsweise auch virtuelle Trainings und 3D-Simulationen im Bereich des Katastrophenschutzes, bei verschiedenen Wetter-Szenarien oder Massenpaniken, statt.
Weiter gedacht…
Der konkrete Nutzen der vorgestellten VR-Projekte innerhalb des Rettungsdienstes steht im Zusammenhang mit Tech for Good außer Frage. Erfreulicherweise entwickelt sich die Forschung in diesem Bereich ständig weiter und neue Projekte folgen. Das Potenzial der Virtual Reality jenseits der Unterhaltungsbranche ist enorm: Die Technologie kann auf Rettungseinsätze in der ganzen Welt, in Krisen- und Kriegsgebieten ausgeweitet werden. Ärztliche Versorgung und die Behandlung von komplizierten Fällen könnte somit auch in Entwicklungsländern garantiert werden.
Gleichzeitig kommt die VR-Technologie aber auch im Bereich Verteidigung und Militär zum Einsatz, indem Gefechtssituationen und Waffenhandling virtuell trainiert werden können. An diesem Punkt wird deutlich, dass der Übergang zwischen Tech for Good und Tech for Bad fließend ist.
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