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Wikipedia in der Relevanz-Krise

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„In einem offenen, nicht notwendigerweise konfliktfreien Bearbeitungsprozess hat letztlich Bestand, was von der Gemeinschaft der Mitarbeitenden akzeptiert wird.“

So beschreibt Wikipedia in einem eigenen Eintrag das Prinzip, nach dem Artikel ihren Weg in die Online-Enzyklopädie finden.  Der Verein „MOGiS“ („MissbrauchsOpfer Gegen InternetSperren“) genießt diese Akzeptanz offensichtlich nicht, ein entsprechender Eintrag wurde durch einen Administrator aus dem Online-Lexikon gelöscht. Der Vorgang sorgte für Empörung in der Blogosphäre – und entfachte eine Diskussion über Relevanz in der Wikipedia.

Der Verein „MissbrauchsOpfer Gegen InternetSperren“, kurz „MOGiS“,  wurde im April 2009 in Rostock gegründet und darf seit November dieses Jahres den Zusatz e.V. führen. Ziel der Vereinigung ist der Erhalt der Zensurfreiheit des Internets in Deutschland, so steht es im offiziellen „MOGiS“-Blog. Im Kampf gegen die von der Bundesregierung geplanten Internetsperren ist „MOGiS“ eine feste Größe und in der Blogosphäre entsprechend anerkannt. Laut heute.de lieferte eine Google-Anfrage Anfang des Monats über 150.000 Treffer zum Verein. Für Wikipedia sind dies jedoch keine Kriterien, die einen Eintrag zum Verein rechtfertigen. Die Löschung des Artikels rief heftige Kritik in der Internet-Gemeinschaft vor. Allen voran prangerte Blogger Felix von Leitner, auch unter seinem Alias Fefe bekannt, den Vorgang an. Zensurvorwürfe wurden laut. Schnell entstand eine Debatte über Artikellöschungen in der Online-Enzyklopädie, die auch über das Internet hinaus von den Medien aufgegriffen wurde.

Mit einer Pressekonferenz  am 5. November versuchte der Verein Wikimedia Deutschland den entstandenen Imageschaden zu begrenzen.  In einer Podiumsdiskussion mit Pavel Richter, Leon Weber und Martin Zeise von Wikipedia , sowie den Bloggern Pavel Mayer und Johnny Häusler sollte das Relevanzproblem beleuchtet werden. Felix von Leitner erhielt zunächst keine Einladung, eine nachträgliche Anfrage lehnte er ab: „…damit die nicht meine Anwesenheit als Vorwand nutzen, um das Gespräch scheitern zu lassen“, so sein Statement in seinem Blog.

Konkrete Ergebnisse aus der Diskussion waren von vorneherein nicht zu erwarten.  Laut heise.de hat Wikimedia Deutschland keinen formellen Einfluss auf die Wikipedia-Community. Die Veranstaltung sollte also den offenen Dialog anregen und Bereitschaft zum Austausch symbolisieren. Gemeinsam mit dem Publikum, darunter weitere Blogger, Martin Haase und Frank Rieger vom Chaos Computer Club sowie einige Mitarbeiter der Wikipedia, wurde das Problem analysiert und Verbesserungsvorschläge gesammelt. Doch schon die Organisation der Pressekonferenz verhinderte eine Diskussion. Wortmeldungen wurden der Reihe nach abgearbeitet, und so war es schwierig, auf Argumente anderer zu reagieren. Generell hinterließen die Mitarbeiter der Wikipedia eher den Eindruck, als seien sie sich der Problematik nicht bewusst. Sie schienen  der Auffassung zu sein, die Diskussion um willkürliche Artikellöschungen sei nur ein kurzer Aufruhr in der Blogosphäre, der sich von selbst legen wird – aus Mangel an Relevanz.

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