Der Bau des Berliner Flughafens schafft es nicht aus den Schlagzeilen zu kommen. Immer teurer wird er und die Eröffnung rückt in immer weitere Ferne. Ein neuer Ansatz der Piratenpartei schickt sich nun an, die so oft geforderte Transparenz in diese undurchsichtigen Bürokratiegeflechte zu bringen. Vergangenen Freitag ging mit „BERwatch“ eine Dokumentationsplattform online, die auf dem OpenSource-Prinzip basiert. Jeder kann dort helfen, ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen.

Aus der Kommunikations-Perspektive
Eine Frage die sich nun stellt, ist ob und wie „BERwatch“ letztlich von den Bürgern angenommen wird. Auch wenn die Nutzeraktivitäten noch recht überschaubar sind. Schließlich ist die Seite noch keine Woche im Netz, sind doch schon einige Kommentare, Fragen und Beziehungen zwischen Dokumenten zu sehen. Stellt sich nun die Frage nach der Art und Weise der Beiträge. Bei den Kommentaren reicht die Spannweite von zynischen Bemerkungen (vgl.: Kommentar von HaDi am 19.01.13 um 14.33 Uhr) über gut gemeinte Ratschläge (vgl.: Kommentar von pewlow am 19.01.13 um 16.03 Uhr) bis hin zu Einschätzungen (vgl.: Kommentar von Guderian am 19.01.13 um 04.02 Uhr), die sich tatsächlich näher mit einem der Sachverhalte beschäftigen und versuchen einen Mehrwert zu schaffen. Auch existieren bereits einige Dokumentbeziehungen, die mit einordnenden Kommentaren versehen sind. Festzuhalten ist also, dass die Plattform genutzt wird, wenn auch noch auf unterschiedliche Art und Weise. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass solche Systeme auch genutzt werden, nur weil sie zur Verfügung gestellt werden. Im Fall des Berliner Flughafens, der in der Öffentlichkeit so kontrovers diskutiert wird, dürfte das Interesse aber wohl groß genug sein um engagierte Bürger auch weiterhin zur Partizipation zu motivieren. Motivation ist hierbei ein entscheidendes Stichwort. Der Erfolg der Plattform wird nicht zuletzt auch dadurch begründet, wie gut den Piraten die Moderatorenrolle gelingt. So könnte es von Vorteil sein, engagierte Nutzer durch immer wieder neu eingepflegte Dokumente dazu bringen, am Ball zu bleiben. Auch ist es sehr wichtig, die Plattform hinsichtlich ihrer Usability immer wieder zu überprüfen oder besser noch, auf Anregungen der Community einzugehen. Hier lässt sich bereits das geschickte Verhalten (vgl.: Antwort von Martin Delius, Vorsitzender des U-Ausschusses, zum Kommentar von nikita am 19.01.13 um 13.33 Uhr) der Seitenbetreiber erkennen.
Wie geht es weiter?
Den Erfolg von „BERwatch“ vorauszusagen ist schwierig. Die Idee an sich aber ist sehr erfrischend und stößt mit ihrem basisdemokratischen Charakter auch in anderen Fraktionen auf Zustimmung. Auch auf Twitter erhielten die Piraten viel Zuspruch. Es gibt aber auch die eine oder andere Hürde, die das Projekt noch vor sich hat. So muss der Bürger zunächst einmal Durchhaltevermögen beweisen und einen kühlen Kopf bewahren, bei der Fülle an Material die einen zu Beginn zu erschlagen droht. Wer sich aber genauer mit der Seite befasst, kann sich zum Beispiel über die Kategorien eine Nische aussuchen und darin zum Experten werden. Zudem muss man davon ausgehen, dass streng vertrauliche Dokumente mit Geschäftsgeheimnissen oder Fragen der Sicherheit aus rechtlichen Gründen nicht auf der Seite publiziert werden. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Martin Delius hat bereits klar gemacht, dass man sich hierbei im Rahmen der Gesetzte bewegen werde. Aber immerhin hat die Bevölkerung nun eine Möglichkeit, per Mausklick an Dokumente zu gelangen, die bislang nur schwer oder gar nicht für die Öffentlichkeit zugänglich waren. Die Datenlage zur wiederholten Verschiebung der Eröffnung und der immer weiter ausufernden Kosten, also dessen was der Untersuchungsausschuss eigentlich unter die Lupe nehmen soll, ist noch sehr gering. Vor allem hier ist das Crowdsourcing-Projekt darauf angewiesen, dass sich (ehemalige) Beteiligte rund um den Bau des Flughafens melden und Dokumente zur Verfügung stellen.

Ob es nun – zugespitzt formuliert – zu einer Erfolgsstory wird oder zur Müllhalde für Kommentare verärgerter Bürger, das Projekt an sich besitzt Modellcharakter. Es ist ein Gewinn für die Gesellschaft und Anreiz für mehr Demokratie und Transparenz. Der Erfolg hängt letztlich von vielen Faktoren ab und davon, wie gut die Piraten es schaffen werden diesen speziellen Fall zu steuern. Ähnliche, wenn auch weniger komplexe Beispiele wie das GuttenPlag-Wiki zeigen, dass solche Projekte durchaus funktionieren können.