Am 10. April 2019 wurde der Öffentlichkeit die erste hochauflösende Aufnahme eines Schwarzen Lochs präsentiert. Für diese Sensation wurden acht Teleskope, 200 Wissenschaftler aus 20 Nationen und mehrere Petabytes an Datenmaterial benötigt. Aber was ist auf dem Foto zu sehen und wie genau ist es entstanden?
Ein Beitrag von Nadine Busch, Hochschule Darmstadt, Studiengang Onlinekommunikation.
Das Event Horizon Teleskop
Das Auflösungsvermögen, also die Unterscheidbarkeit feiner Strukturen, eines einzelnen normalen Teleskops reicht nicht aus, um das 55 Mio. Lichtjahre entfernte Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie M87 zu erkennen. Deshalb entstand aus dem Zusammenschluss von insgesamt acht Radioteleskopen auf der ganzen Welt ein virtuelles Teleskop, das sogenannte Event Horizon Teleskop.
Der tatsächliche Durchmesser des Event Horizon Teleskops entspricht dem weitesten Abstand zwischen den auf der ganzen Welt verteilten Beobachtungsstationen, also 11.000 km. Dadurch erreicht das Teleskop eine zweimillionenfache Vergrößerung. Die Auflösung ist so hoch, dass man einen Tennisball auf dem Mond von der Erde aus erkennen könnte.
Am 5., 6., 10. und 11. April 2017 entstanden je vier Aufnahmen. Jedes der acht Teleskope lieferte 350 Terabyte Datenmaterial, welches unter anderem am Max-Planck-Institut für Radioastronomie ausgewertet wurde. Das Ergebnis: Das erste Foto eines Schwarzen Lochs, wie es im Bild oben zu sehen ist.
Aufbau eines Schwarzen Lochs

Relativistischer Jet
Wenn ein Schwarzes Loch Materie “verschluckt”, entstehen Gasströme, die aus dem Schwarzen Loch herausschießen. Diese Gasströme werden als Jets bezeichnet. Sie können sich tausende Lichtjahre weit in das Weltall ausbreiten.
Die Singularität
Sie bildet die Mitte eines Schwarzen Lochs, in der alle Materie auf ein extrem kleines Volumen konzentriert ist. Alle Materie und Energie, die in das Schwarze Loch “fällt”, landet dort.
Innerste stabile Umlaufbahn
Die innerste Umlaufbahn der Akkretionsscheibe, auf der die Materie das Schwarze Loch sicher umkreisen kann, ohne den Ereignishorizont zu überqueren.
Akkretionsscheibe
Eine um die Singularität rotierende Scheibe, die die Materie immer näher nach innen transportiert. Ohne Akkretion kann Materie das Schwarze Loch wie die Planeten unsere Sonne umkreisen. Wenn Materie in das Schwarze Loch “fällt”, setzt sie Energie in Form von Hitze und Licht frei. Diese heiße und orange-rötliche Akkretionsscheibe ist auf dem Foto (s. oben) sichtbar.
Photonensphäre
Obwohl das Schwarze Loch selbst dunkel ist, werden Photonen in Jets oder der Akkretionsscheibe aus dem nahegelegenen heißen Plasma abgelassen. Ohne die Schwerkraft würden sich diese Photonen in geraden Linien fortbewegen, aber gerade außerhalb des Ereignishorizonts ist die Schwerkraft stark genug, um die Photonen-Bahnen so zu biegen, dass wir einen hellen Ring sehen, der einen ungefähr kreisförmigen dunklen Schatten umgibt.
Ereignishorizont
Der Radius um die Singularität, von dem aus Materie und Energie der Gravitationskraft des Schwarzen Lochs nicht entfliehen können. Sozusagen der „Point of no return.“
Wie entstand aus dem gesammelten Datenmaterial ein Bild?
Das Event Horizon Teleskop sammelt Licht in der Umgebung des Schwarzen Lochs. Aus dem gesammelten Licht lassen sich Rückschlüsse auf die Struktur des Schwarzen Lochs ziehen. Da das Licht aber nur von acht Standorten aus gesammelt wurde, fehlen viele Daten, die dann mithilfe eines Algorithmus ergänzt werden. So kann das Foto des Schwarzen Lochs rekonstruiert werden.
Very Long Baseline Interferometry
Interferometrie ist ein Verfahren, bei dem ein oder mehr Radioantennen-Paare miteinander verknüpft werden, um ein neues, kraftvolleres virtuelles Teleskop zu entwickeln, ein sog. Interferometer. Diese nutzen den Raum zwischen den Antennen: Je weiter entfernt die Teleskope, desto größer das Auflösungsvermögen (ähnlich wie bei einem Zoom Objektiv einer Kamera). Die Wellenmuster (Interferenzmuster) eines Interferometers ähneln den Wellenlängen von Licht, wenn diese durch ein Schlitzpaar fallen. Um dieses Muster in ein Bild zu übertragen, benötigt man viel Beobachtungszeit. Wie in einem Zeitraffer baut sich nach und nach ein Bild auf, selbst bei einer schwachen (Licht-)quelle. Die Erdrotation trägt dazu bei, die Lücken im Feld zu füllen und das Bild zu vervollständigen. Die empfangenen Signale müssen Welle für Welle zusammen passen. Daher wurde beim Event Horizon Teleskop auch mit Atomuhren gearbeitet.
Quellen:
Eidemüller, Dirk (2019): Erstes Foto eines Schwarzen Lochs [ONLINE]. Verfügbar auf: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/news/2019/erstes-foto-eines-schwarzen-lochs/ [Zugriff am 09.05.2019].
Event Horizon Telescope (o. D.): Science [ONLINE] Verfügbar auf: https://eventhorizontelescope.org/ [Zugriff am 09.05.2019].
Event Horizon Telescope (o. D.): The Anatomy of a Black Hole Accretion System [ONLINE]. Verfügbar auf: https://eventhorizontelescope.org/infographics [Zugriff am 09.05.2019].
Wikipedia (2019): Schwarzes Loch [ONLINE]. Verfügbar auf: https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzes_Loch [Zugriff am 09.05.2019].
Abbildungen:
12019 (2013): Black Hole [ONLINE]. Verfügbar auf: https://pixabay.com/illustrations/black-hole-space-outer-space-92358/ [Zugriff am 09.05.2019].
Freepik (o. D.): Space Elements [ONLINE]. Verfügbar auf: https://www.freepik.com/?__hstc=57440181.06293f197d045984104106b4f73ae126.1556109793590.
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[Zugriff am 09.05.2019].
Icon Pond (o. D.): World Map [ONLINE]. Verfügbar auf: https://www.flaticon.com/authors/popcorns-arts [Zugriff am 09.05.2019].
Purest (2019): Schwarzes Loch [ONLINE]. Verfügbar auf: https://pxhere.com/de/photo/1587169 [Zugriff am 09.05.2019].
Beitrag als Infografik:
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