Ja, Facebook hat es nicht leicht. An allen Ecken und Enden meckern Kritiker und Datenschützer an dem Netzwerk herum. Oft – und das sollte man auf keinen Fall trivialisieren – mit Recht, denn mit Datenschutz und Nutzerrechten nimmt es das US-amerikanische Unternehmen nicht immer so genau. Bei soviel (augenscheinlich berechtigter) Kritik, fällt es natürlich umso leichter, gegen Facebook zu wettern.
Einer der wichtigsten Kritiker, Social-Media-Experte und Medientheoretiker Geert Lovink, hielt auf der Berliner Ausstellung „transmediale“ einen Vortrag, in dem er zum „Kampf gegen die globale Macht der Social-Media-Konzerne“ aufrief. Der „Freitag“ hat Lovinks Handlungsempfehlungen in seiner Onlineausgabe zusammengefasst.
Einige von Lovinks Ausführungen sind dabei durchaus diskussionswürdig; eine einzige aber ganz besonders:
„Lokale Ansätze müssen an die Stelle globaler Netzwerke treten.“
Nicht nur, dass der „Freitag“ seine Nutzer mit den Gedanken Lovinks fast völlig allein im Regen stehen lässt. Ohne tief in die Medientheorien des Herrn Lovinks einzusteigen, ist es eigentlich nicht möglich, die ursprüngliche Bedeutung dieses Satzes zu rekonstruieren.
Wenn man den Gedanken der Dezentralisierung nun konsequent zu Ende denkt (in dem Versuch der Aussage eine Bedeutung abzuringen), dann stünde künftig in jeder Küche ein kleiner Server auf dem Kühlschrank. Das wäre absolute persönliche Datenhoheit und in Kombination mit redundanten Ausfallsystemen möglicherweise das perfekte Netz. Notwendigerweise müsste sich dann ein jeder mit den Wonnen der Netzwerktechnik befassen, denn Server brauchen schließlich Pflege und Wartung.
Auf der anderen Seite könnte sich die globale Versorgung mit Serverkomponenten jedoch als durchaus schwierig erweisen, weil Preise und Verfügbarkeit seltener Erden, wie etwa Lithium, in hohem Maße vom Handelsgebahren von Nationen, wie China abhängen.
Ansichtssache
Mit „Dezentralisierung“ könnte aber auch das Rückbesinnen auf kleine lokale Netzwerke innerhalb des Webs angespielt werden, wie es sie bereits vor dem Web 2.0 gegeben hat. Mit einer solchen „Lokalisierung“ ginge zwar eine engere, stärkere Vernetzung der Nutzer einher, doch blieben diese dann eher unter sich. Die Frage, die sich dabei aufwirft ist: Warum sollte ich auf einmal damit zufrieden sein, Nutzer nicht mehr erreichen zu können, weil sie sich nicht in meinem Netzwerk befinden? Das wäre Veränderung wider den praktischen Fortschritt.
Viel schwerwiegender wäre jedoch, dass eine „Dezentralisierung“ mit massiven wirtschaftlichen Einbußen einherginge, weil Unternehmen aus dem Kreis der Sozialen Medien ausgeschlossen werden würden. Das träfe jedoch nicht nur die Unternehmen, sondern vor allem auch die User, denn der Draht zu Marken und Firmen fiele dann weg. Erfolgsstorys und Unterhaltungswert in der B2C-Kommunikation wären damit Geschichte.
Was bleibt?
Bei all der berechtigten Kritik an Facebook & Co wäre es also ein Lichtblick, wenn sich etablierte Onlinemedien sensibler mit dem Thema beschäftigen und darüber berichten würden. Einseitige oder unverständliche Berichterstattung können schnell zur Verunsicherung führen und Unternehmen mit großer Marktpräsenz wie Google stehen schnell unter Generalverdacht. Dann sind plötzlich nicht mehr die virtuellen Mauern und Systemgrenzen das Problem, sondern die Mauern in den Köpfen.
Danke für den Link am Ende! 😉