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Die studentische Facebook-Krux: Wie privat kann und darf ich sein?

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Mit „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ hat Richard David Precht einen der Bestseller der letzten beiden Jahre produziert. Keine Buchhandlung, kein Bahnhofskiosk, keine Liste der beliebtesten Bücher, wo sein Werk fehlen durfte. Ich muss gestehen, ich habe es nicht gelesen und habe es ehrlich gesagt auch nicht vor, allerdings ist die titelgebende Frage eine zu schöne Steilvorlage für meine folgenden Überlegungen, als dass ich sie hätte liegen lassen können.

Wenn es nämlich einen Ort gibt, an dem man sich – gerade als Student im Bereich der Kommunikationswissenschaften / der Online-PR / der Öffentlichkeitsarbeit – intensiv mit seinen unzähligen Identitäten beschäftigt, dann ist es das Web. Innerhalb unseres Kurses gab es so manche Diskussion über die Art und Weise, wie ich mich in der Öffentlichkeit des Social Web geben kann, darf und sollte. Die Krux für „erfahrene Greenhorns“ wie uns und auch andere sind jedoch boomende Social Networks wie Facebook, die sämtliche Grenzen der eigentlich klar verteilten Identitäten verschwimmen lassen.

Ein Beispiel: Das bei Studenten (noch) beliebteste Netzwerk StudiVZ bietet einen sehr klaren, – bei entsprechenden Einstellungen – privaten Rahmen, der in der Grundüberlegung für die Kommilitonen und Freunde an anderen Hochschulen, Universitäten und Co. gedacht ist, um in Kontakt zu bleiben und ab und an auch mal in einer der zahllosen Gruppen mitreden zu können. Man kann sich im übertragenen Sinne von einer Seite zeigen, die man seinen Freunden auch auf dem Campus, in einer Vorlesung oder während einer Pause in der Mensa offenbaren würde. Immer mit dem Wissen, dass es in einem entsprechenden Raum des Webs geschieht, den man spätestens mit dem Ende des Studiums als solchem nicht mehr in der bekannten Häufigkeit frequentieren wird, falls überhaupt.

Für ein Businessnetzwerk wie XING oder LinkedIn hingegen gelten andere, seriösere Regeln, die allerdings ebenso wie bei StudiVZ direkt als solche wahrgenommen und verstanden werden können. Es geht, wie der Zusatz schon sagt, ums Business, bei dem ich ganz bestimmt nicht mit einem Profilbild, das bei der letzten Wohnheimparty entstanden ist, glänzen möchte. Dafür wird dieses Profil – gerne auch mit Beginn des Studiums zur Chancenoptimierung bei der Praktikumssuche und Co. erstellt – noch zu lange Bestand haben.

Was uns zur angesprochenen Facebook-Problematik führt. Wenn StudiVZ das Äquivalent zu Jeans und T-Shirt am Campus darstellt, dann steht XING für den Anzug mit Krawatte im Büro, währenddessen Facebook die halboffizielle Afterwork-Firmenmottoparty zum 40. Geburtstag des Chefs am Casual Friday ist. Kurzum, ein – wenn man nicht aufpasst – hervorragendes Imagefettnäpfchen zum mit Anlauf hineinspringen.

Denn die Frage, wie privat man sich nach Dienstschluss gegenüber den Kollegen von nebenan, aber auch den extra eingeladenen Freunden des Vorstandes / Mäzenen des Unternehmens / Sponsoren der nächsten Konferenz gibt, ist für Studenten, die kurz vor dem Schritt in die Berüfstätigkeit stehen, mit Blick auf Facebook eine ganz ähnliche.

War der virtuelle Schneemann mit Brüsten früher eine willkommene Abwechslung auf der Profilpinnwand, könnte er heute für die ein oder andere Verlegenheit sorgen, sollte ein Kontakt, der nicht dem privaten Umfeld entstammt, diesen zu sehen bekommen. Dumm nur, dass die Freunde von damals diesen Schluss nicht immer als solchen ziehen, da ihnen die Ausmaße einer möglichen (Online-)Reputationsschädigung – im Gegensatz zu uns – nicht ganz so geläufig sind.

Markus Sekulla hat sich vor Kurzem mit einer nicht ganz ähnlichen Problematik befasst, die aber auf der selben Basis ruht: Was macht man mit einem Facebook-Account, der seit Monaten, wenn nicht gar schon Jahren auf rein privater Ebene genutzt und entsprechend aufgebaut wurde? Allen Freunden aus der Schule, dem Verein oder Bekanntenkreis zu sagen, dass sie zum Wohle des eigenen Reputationsmanagements nicht mehr unbedacht auf die Pinnwand posten oder kommentieren sollen ist nur in der Theorie sinnvoll. In der Praxis löscht man schließlich fast täglich unpassende Einträge, die trotz allem beabsichtigt wie unbeabsichtigt – ich sage nur Quiz-Apps – noch dort auftauchen, immer in der Hoffnung, dass sie niemand anderes dort gesehen hat.

Für Twitter fand Sekulla den sehr praktikablen Ansatz, dass man mit zwei oder mehr Accounts eine ganz gute Schiene fahren könne: Einer für’s Private (bei Bedarf auch aus der public timeline entfernt), einer für die Öffentlichkeit. Ein Ansatz, wie ich ihn persönlich auch bevorzuge, getreu dem Motto „am Tage Bruce Wayne, nachts Batman“.

Es bleibt die Frage: Lässt sich die „doppelte Identität“ zur Wahrung der Privatsphäre und gleichzeitigem Networking für die Zukunft bei Wunsch auch auf Facebook anwenden? Tendenziell ja, via Fanpage. So kann man sich direkt zu seinem Themengebiet äußern, ohne die Freunde mit PR-Theorien und Co. zu belangen, die ihnen sehr wahrscheinlich sowieso nichts sagen würden, während die gesammelten und auf die Page hingewiesenen (Social Media-)Kontakte sich bei Bedarf einklinken und mitdiskutieren können.

Doch stellt sich im Gegenzug eine Frage, die ebenso angebracht erscheint: Ist eine solche Herangehensweise für einen (engagierten) Studenten überhaupt schon sinnvoll?

  1. Man kann diese Frage auch über Freundeslisten lösen, um dann die Standardeinstellungen seiner Profilpostings entsprechend einzustellen. So kann man eine Liste für all die Kontakte einrichten, die private Postings NICHT sehen sollen und dann die Privatsphäre von Postings und Anwendungen entsprechend regeln. Aufpassen muss man dann nur noch mit Postings außerhalb des eigenen Profils/Startseite. Leider hat Facebook noch keine Einstellung vorgesehen für das Anzeigen von Postings in fremden Profilen oder bei Kommentaren auf fremde Beiträge.

    Man sollte aber generell darauf achten, wie man sich online verhält, egal wer was sehen kann.

  2. Die Lösung mittels Listen ist natürlich eine sehr schöne Idee, die mir noch gar nicht in den Sinn gekommen war.

    Dazu aber eine Verständnisfrage: Wie sieht es mit Überschneidungen aus, wenn bspw. ein Max Mustermann in zwei Listen eingeordnet ist, von der eine die privaten Postings nicht sehen kann? Wäre er dann komplett außen vor oder hätte er über die zugelassene Liste noch Einblicke ins Private?

  3. Die Lösung miten den Listen finde ich auch am besten. Von Der privat jeder ist bleibt wohl jedem selbst überlassen.

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