Wir Redakteure der PR-Fundsachen lassen uns aktuell zu Onlinekommunikatoren an der Hochschule Darmstadt ausbilden. Kommunikatoren, die später in den Bereichen PR und Marketing arbeiten wollen – oder es zumindest in Betracht ziehen. Doch bereitet uns das Studium auf die zukünftige Arbeit vor? Sind wir für die Voraussetzungen und Ansprüche der zukünftigen Kommunikation gewappnet?
Content Strategy Camp als Treffpunkt der Kommunikatoren
Das Content Strategy Camp (kurz #cosca17) war auch dieses Jahr wieder eine Veranstaltung mit vielseitigen Sessions rund um Content-Strategie und Kommunikation. Und auch dieses Mal waren einige Studierende der Onlinekommunikation auf dem Mediencampus unterwegs und haben sich unter die Barcamp-Besucher und Kommunikationsexperten gemischt.
Tim Bartelsen, Student der Onlinekommunikation im zweiten Semester, nahm das diesjährige Barcamp zum Anlass, um über die Kommunikatoren-Ausbildung der Zukunft zu diskutieren. Wie werden Kommunikationsexperten zukünftig arbeiten. Wie werden – oder müssen – sie ausgebildet werden?
#onkomm-Studi @timbalancer will wissen, wie die Kommunikatoren der Zukunft arbeiten. Vor allem: Wie werden sie ausgebildet? #cosca17
— PR-Fundsachen (@PRFundsachen) June 24, 2017
Inspiriert von dieser Session möchte ich folgend einige weiterführende Ideen aufführen.
PR- und Kommunikations-Studium in Deutschland
Um einen ersten Eindruck zu erhalten, in welchen Bereichen Kommunikatoren heute überhaupt ausgebildet werden können, halte ich es für sinnvoll, zunächst Studiengänge im Bereich Kommunikation zu suchen. Studycheck.de listet aktuell in der Fachrichtung PR und Kommunikation 15 Studiengänge auf.

Ganz hoch im Kurs stehen dabei traditionelle Public Relations- (bei 8 Hochschulen [HS]) und Unternehmenskommunikation-Studiengänge (9 HS) sowie Kommunikationsmanagement (10 HS) und visuelle Kommunikation (8 HS). Moderne Varianten wie Digitale Kommunikation und Online-Kommunikation sind erst an wenigen Hochschulen vertreten. Aussagen über den inhaltlichen Fortschritt der vermittelten Kompetenzen lassen sich daraus trotzdem nur bedingt schließen – wenn man nicht gerade Zeit und Geld für 15 Vollzeitstudien hat.
Die Grundlagen der Kommunikation zu lehren ist ein wichtiger erster Schritt. Nicht weniger wichtig ist es doch auch, auf zukünftige Entwicklungen einzugehen und vorbereitet zu sein. Die Digitalisierung hat unsere Kommunikation enorm beeinflusst. Digitale Themen sind wichtig für die Kommunikatoren und müssen auch in den klassischen Studiengängen mit aufgegriffen werden.
Aufgaben der Kommunikatoren von morgen
Was muss der Kommunikator von morgen leisten? Wo sind seine Aufgaben? Ich unterscheide hier zwischen drei verschiedenen Rollen, um die Entwicklungen in den verschiedenen Bereichen zu verdeutlichen. Zu jeder Rolle greife ich ein Phänomen oder einen Zukunftstrend auf, der die Aufgaben des Kommunikationsexperten möglicherweise beeinflussen wird. Sicherlich ist diese Auflistung nicht vollständig, doch vermittelt sie einen ersten Überblick über mögliche Herausforderungen für den Kommunikationsexperten.
Die Gestalter – Neue Interfaces, neue Aufgaben
Kommunikationsdesign ist immer noch sehr gefragt in den Hochschulen im Lande. Insbesondere Gestalter, die sich auf User Interfaces spezialisieren wollen, werden sich auf Veränderungen einstellen müssen. Denn Benutzeroberflächen ändern sich und damit auch der Arbeitsbereich für den Designer. Vom Desktop-Rechner zum kleinen Smartphone. Vom Display zum Sprachinterface.
Neben dem klassischen Display-Interface zeigen uns die Big Player aus dem Silicon Valley, dass Sprache immer mehr Bedeutung in der Interaktion und Kommunikation hinzugewinnt. Künftige Kommunikationsdesigner werden sich mit Conversational Interfaces (CI), also Sprachsteuerungen wie Amazons Alexa oder Apples Siri, auseinandersetzen müssen.
Das Design von solchen Interfaces wird immer nutzerorientierter: Nutzerführung und Nutzungskontext müssen für den Anwender effektiv und sinnvoll gestaltet werden, da eine Orientierung für den User ohne visuelle Oberfläche weitaus schwieriger ist.

Mit Conversational Interfaces haben die Gestalter unter den Kommunikatoren auch Berührungspunkte mit künstlicher Intelligenz. Der Designer wird daher ein Grundverständnis für Mathematik, Soziologie, Psychologie, Software-Entwicklung und Robotik brauchen, um die Sprachinterfaces zu verstehen und eine gute User Experience schaffen zu können.
Die Strategen – Die Qual der Wahl
Fast täglich sprießen neue Apps in den Stores von Android und iOS aus dem Boden. Neue Social Media-Plattformen, neue Messenger. Und damit auch oft neue Formate für digitales Storytelling oder eine noch direktere Interaktion mit dem User.
Kommunikationsstrategen müssen nicht nur dafür sorgen, dass sie mit ihren Unternehmen auf allen Plattformen vertreten sind, wo sich ihre Zielgruppen befinden. Nein, auch direkte Kommunikationswege mit dem Stakeholder müssen durchdacht und Formate entwickelt werden. Die Strategen der Zukunft sollten sich regelmäßig mit den neuen Kanälen und Formaten beschäftigen, um auf dem Laufenden zu bleiben und Strategien auf eine bestmögliche User Journey zu optimieren.
Die Herausforderung ist es, gerade im Studium nicht bei den traditionellen Kommunikationskanälen stehen zu bleiben, sondern stetig neue strategische Möglichkeiten zur Kommunikation zu entwickeln.
Die Produzenten – Maschinen als Herausforderung
„Journalisten per se sind nicht zwingend die besten Content-Strategen. Das haben sie nicht gelernt. Sie sind aber geeignet, Content zu erstellen – und mit anderen Gewerken zu kooperieren.“
– Kai Heddergott
Die Digitalisierung ist bereits soweit vorangeschritten, dass immer mehr Textinhalte von Maschinen geschrieben werden. Das Erstaunliche dabei: Roboter können Medien nicht nur lesen, sondern mittlerweile sogar verstehen. „Roboterjournalismus“ ist im Vormarsch.
Diese „semantische Welle der Digitalisierung“ – wie Prof. Dr. Wolfgang Wahlster, Geschäftsführer des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, es Ende letzten Jahres beschrieb (vgl. Quelle) – führt dazu, dass der künftige Journalist und Content-Produzent weitaus gezielter kommunizieren muss, um dem Roboterjournalismus entgegenwirken zu können.
„In Zukunft kommt es […] immer mehr darauf an, den Nutzern die Inhalte zu liefern, die sie wollen, wann sie wollen und wo sie wollen.“
– Andreas Eder
Die Content-Produzenten müssen sich näher an der Zielgruppe des entsprechenden Mediums orientieren, den Konsumenten da abholen, wo er aktiv ist und die Werkzeuge einsetzen, die ihnen das jeweilige Medium bieten.
Auch wenn ich hier nun zwischen den drei Rollen „Gestalter“, „Stratege“ und „Produzent“ unterscheide, ist eines wichtig: Zukünftige Kommunikatoren sollten in mehreren Bereichen unterwegs sein und sich Kompetenzen in verschiedenen Disziplinen aneignen. Kommunikatoren arbeiten an der Schnittstelle und sollten sich auch als Generalisten verstehen – bestenfalls mit eigenem Spezialgebiet.
5 Takeaways für angehende Kommunikatoren
Die Entwicklungen sind vielfältig und die Ausbildung von Kommunikatoren muss entsprechend flexibel angepasst werden. Das gilt für die neuen aber auch klassischen Studiengänge, die Kommunikatoren ausbilden.
Obwohl diese Entwicklungen divers sind, habe ich hier fünf Takeaways aus der #cosca17-Session mit Tim Bartelsen entnehmen können:
(1) Spezialisiere dich auf ein Thema.
Es gibt viele, die in der PR- und Marketing-Branche mitmischen. Es ist wichtig sich bereits während der Ausbildung zum Kommunikator klar zu machen, in welchem Bereich man später mal arbeiten möchte. Dafür ist es sinnvoll seine Stärken zu finden und sich gegebenenfalls auf bestimmte Thematiken zu spezialisieren. Ob strategisch, gestalterisch oder im Bereich Management – das Kommunikationsstudium bietet viele Möglichkeiten.
(2) Aber, schau über den Tellerrand!
Auch wenn eine Spezialisierung in ein Thema sehr gut ist, werden heutzutage immer mehr Generalisten gesucht. Es ist wichtig, als Stratege auch in die Produktion reinzuschnuppern, um später Hand in Hand mit Kollegen arbeiten zu können und Arbeitsabläufe zu verstehen.
„Wir brauchen spezialisierungsfähige Generalisten.“
– Kai Heddergott
(4) Besuche Barcamps und ähnliche Veranstaltungen.
Eine weitere Möglichkeit sich weiterzubilden und neue Inhalte kennen zu lernen, sind Veranstaltungen wie BarCamps oder Konferenzen wie die re:publica. Dort erhält man oft viel neuen Input und trifft neue Leute aus der Branche.
(5) Vernetze dich mit Branchenkollegen!
Neue Leute kennenzulernen ist in der Arbeitswelt der Kommunikatoren äußerst wichtig. Vernetze dich also mit deinen Arbeits- und Branchenkollegen und sammle fleißig (digitale) Visitenkarten. Vielleicht brauchst du diese Kontakte später mal für eigene Projekte.
Die Kommunikatoren von morgen müssen kommunikativ, flexibel und vor allem interessiert sein. Interessiert an dem was ist und dem was kommt.
tl;dr
Was müssen die Kommunikatoren der Zukunft leisten? Wie müssen sie dafür ausgebildet werden? Ob Stratege, Gestalter oder Produzent. Das Kommunikationsstudium bietet vielfältige Möglichkeiten. Die Zukunft bietet uns diverse Entwicklungen, die die Aufgaben von Kommunikationsexperten beeinflussen. Neue Interfaces, mehr Kanäle und Maschinen als Herausforderer. Die Kommunikatoren von morgen müssen daher kommunikativ, flexibel und interessiert sein.
In diesem Zusammenhang auch interessant:
Kundenservice 2.0: Kommuniziere ich bald nur noch mit einem Roboter?
Quellen
- https://pt.slideshare.net/heddergott/vertrauen-ist-gut-kontrolle-ist-besser-77226609
- http://www.textbest.de/blog/soziale-netzwerke-und-kmus-wie-sieht-die-zukunft-aus/
- http://www.kompaktmedien.de/roboterjournalismus/
- https://www.slideshare.net/ZwetanaPenova/die-studierende-von-heute-sind-die-designer-der-zukunft
- https://www.studycheck.de/studium/medien-kommunikation/pr-kommunikation