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DB-Bordzeitschrift Mobil – Print top, Internet flop?

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Jeder, der jemals IC, EC oder ICE gefahren ist, kennt es – das Bordmagazin Mobil der Deutschen Bahn. Das Magazin ist beliebt. Es soll sogar Reisende geben, die sich im Zug auf die Suche nach dem Printprodukt begeben, wenn es nicht gerade in unmittelbarer Umgebung ausliegt. Zudem können sich Mobil-Fans das Magazin mittlerweile auch per Abo ins Haus liefern lassen.

Laut dem Bericht „Lektüre in Bewegung“, der in der Mai-Ausgabe des PR-Magazines erschien, sieht der Kommunikationschef Olivier Schumacher den Erfolg des Magazines in der journalistischen Leitlinie und der Themenauswahl.  Die Auflage scheint dem optimistisch wirkenden jungen Kommunikationschef Recht zugeben. Monatlich werden mittlerweile 510.000 Exemplare via Auslage in den Schnellzügen und Reisezentren sowie durch Abonnements vertrieben.

Im Rahmen des PR-Magazin-Beitrages untersuchte die Journalistin Anne Villwock auch, wie denn die multimediale Umsetzung des Corporate Publishing Produkte der bekanntesten Transport-, Verkehrs- und Touristikunternehmen geglückt sind. So konfrontierte Villweck Olivier Schumacher auch mit den kleinen Mankos von mobil.de. Wenn es denn überhaupt mobil.de heißen würde. Zurzeit handelt es sich nur um ein paar Unterseiten auf der Homepage des DB-Konzerns. Dieser räumt im Rahmen des Berichtes „Lektüre in Bewegung“ ein, dass die Deutsche Bahn da sicher noch ein wenig Nachholbedarf habe.  Aber gibt es wirklich beim webbasierten Angebot von DB Mobil nur ein wenig aufzubessern?

Das Interview muss vor Mai 2009 geführt worden sein, denn das PR-Magazin ist meist schon Ende des vorangegangenen Monats im Briefkasten der Abonnenten. Mittlerweile ist Mitte August 2009 und mobil.de wirkt immer noch so stiefmütterlich behandelt wie zum Zeitpunkt des Interviews bzw. des Recherche-Interviews.

Das wirft gleich mehrere Fragen auf: Wie wichtig ist Crossmedialität für ein Unternehmen wie die Deutsche Bahn? Wie lange sollte die Umsetzung des Internet-Angebotes dauern, wenn dieses als Problem erkannt wurde? Und vor allem, wie müsste mobil.de aussehen, um auch nur ansatzweise der Printausgabe gerecht zu werden?

Zurzeit hat die Internetausgabe nicht nur wenig Platz auf untergeordneten Konzern-Webseiten, sondern ist auch nicht ganz einfach zufinden. Wer einfach mobil.de in Google eingibt, wird das Kundenmagazin im Internet nicht finden. Google benötigt wenigstens den Suchzusatz „DB“, um befriedigende Ergebnisse zu finden.

Über die URL http://www.deutschebahn.com/site/bahn/de/unternehmen/bahnwelt/kundenmagazin/kundenmagazin.html gelangt der neugierige DB-Kunde dann zu dem webbasierten Angebot des Mobil-Magazines und wird wahrscheinlich sichtlich enttäuscht sein. Nicht das schon die URL verraten würde, dass es sich hier nicht um ein eigenständiges Webangebot handelt. Wer Mobil.de klugerweise über die Startseite der Deutschen Bahn sucht, wird einen Navigations-Marathon hinlegen müssen, wenn er zum Ziel seiner Internet-Reise angelangen will. Unter dem Menüpunkt „Das Unternehmen DB“ hinter dem Button „Bahnwelt“ verbirgt sich das Kundenmagazin.

Ja, sicher, doch irgendwie leicht zu finden. Wenn man nicht erst einmal die Menüpunkte „Reisen“, „Logistik“ und „Geschäfte“ durchforstet. Denn die wenigsten werden das Magazin im Unternehmens-Menüpunkt vermuten. Es handelt sich schließlich um eine Kunden-Serviceleistung und nicht um einen Unternehmensbaustein, den Reisende gewöhnlich ignorieren.

Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, einen dirketen Einstiegsbutton auf der „Reisen mit der Bahn“-Startseite zu platzieren. Denn in immer mehr IC-, EC- und insbesondere ICE-Zügen, sowohl in der ersten als auch in der zweiten Klasse, sitzen Business-Leute, Selbstständige, Studenten und mittlerweile auch Durchschnittsfamilien hinter Laptops. Gerade sie könnten einen schnellen Einstieg in ein Webangebot begrüßen. Auch wenn Olivier Schumacher im PR-Magazin betonte, dass aussreichende Magazine vorliegen würden, so reichen diese sicherlich nicht für alle Bahnfahrer aus. Denn aus eigener Erfahrung liegt selten an jedem Platz ein Exemplar aus, wie es auf der Firmenseite dazu heißt:

Auch in der 2. Klasse brauchen Sie nicht aufs Lesen zu verzichten. Unser Kundenmagazin „DB mobil“ liegt an allen Plätzen aus. Hier finden Sie Porträts bekannter und wichtiger Persönlichkeiten, vielfältige Reportagen, Reise- und Veranstaltungstipps und natürlich Insiderinfos, die unsere Journalisten nicht für sich behalten wollen.

Wäre hier nicht die Möglichkeit eines Alleinstellungsmerkmals gegenüber anderern Transportunternehmen im Servicebereich, wenn alle Kunden gleichzeitig (!) Mobil lesen könnten? Internetzugang und Stromquelle für das Notebook werden ja gerne von der Deutschen Bahn als Serviceleistung in den besseren Schnellzügen beworben. Die Rahmenbedingungen sind also gegeben.

Ebenso ist es im Interesse des Konzerns, Kunden auch außerhalb der Reisezeit an sich zu binden. Was wäre da nicht besser geeignet als ein allseits erreichbares vollständiges und selbstständiges Online-Angebot eines von allen Seiten gepriesen und sogar ausgezeichneten Printproduktes, das nicht gleich wie eine billige Werbeannounce über das Ziel-Publikum herreinbricht? Das vielmehr sogar mit tiefgründigen und interessanten Geschichten aus dem Leben, über Reisen und aus der Kulturszene mehr bietet als der Einheitsbrei vieler Tageszeitungen.

Mit dem Internetauftritt des Bordmagazins der Deutschen Bahn verschenkt der Konzern zurzeit noch seine Perlen an die Säue. Lieber DB Konzern  – das Web 2.0 kann soviel, das insbesondere im Rahmen eines Mobil-Magazines richtig zur Geltung kommen könnte – und das kostet nicht unbedingt ein Vermögen, wenn richtig umgesetzt. Leider gibt es in der Touristik- und Transportbranche noch nicht viele positive Ansichtsexemplare. Jedoch zeigt der Internet-Auftritt des Independent-Magazines Indie für junge alternative Mode und Musik, wie ein moderner und innovativer  Webauftritt daher kommen könnte. Ein anderes Beispiel ist das Magazin einiger Journalismus-Studenten aus dem eigenem Hause der Hochschule Darmstadt. Auch hier steckte deutlich mehr drin, als in dem derzeitigen Webangebot der Deutschen Bahn – und das, obwohl es sich hier noch nicht um Profis handelt, die einen Etat zu Verfügungen haben wie der DB Konzern es sicher ermöglichen kann.

Lieber DB-Konzern: Bitte nicht ein wenig ausbessern, sondern gerecht dem Konzern handeln. Ein eigenständiges Mobil-Webangebot würde sicher unter vielen Mobil-Fans großen Anklang finden. Wie ein innovatives Produkt für die Deutsche Bahn aussehen könnte, würde sicher der eine oder andere Diplomand an deutschen Hochschulen beantworten können.

Also lieber DB-Konzern: Wie wäre es denn mit einer Diplomarbeit, wenn nicht bereits ein neues Konzept in den Startlöchern steckt?