Es noch einmal wagen. Ohne finanzielle Reserven. Ohne Anzeigenkunden. Ohne Mäzen. „I need a Dollar“, singt Aloe Blacc. Der Herznote-Verlag aus Darmstadt braucht 33.000 davon. Durch Crowdfunding wollen sie die zweite Ausgabe ihrer internationalen Bookazine-Reihe CIRCUS finanzieren.
Liebe Fundsachen-Leser, dies wird kein Blogeintrag in eigener Sache. Doch möchte ich nicht verschweigen, dass uns der Herznote-Verlag und ihr Bookazine CIRCUS sehr nahe stehen.
Der Herznote-Verlag wird 2010 von vier Kommilitonen nebenan im Schwerpunkt Journalismus gegründet. Ihr monothematisches Bookazine CIRCUS, eine Symbiose aus Buch und Magazin, soll, so der Plan, die alte und neue Medienwelt verbinden. Die erste Ausgabe erscheint im September vergangenen Jahres, wird weltweit vertrieben. CIRCUS #1 Fashion vernetzt (Mode-)Blogger aus aller Herren Länder und veröffentlicht ihre Geschichten abseits von Topmodel-Shows, Beauty-Tipps und Markenwahn.
Doch auf den Start folgt die Ernüchterung. Trotz positiver Resonanz in Medien und Blogosphäre buchen die Unternehmen kaum Anzeigen für die Folgeausgaben. In einem offenen Brief verkündet der Verlag, dass CIRCUS #2 Voyage nicht, wie geplant, im März erscheinen wird.
Blogger, Fotografen und Kreative scheint das nicht zu stören. Täglich erhalten die Herznote-Mitarbeiter Mails mit neuen Ideen und Bewerbungen. „Die haben den offenen Brief wohl überlesen, oder wollen es nicht wahrhaben – wir wissen es nicht. Aber eines wissen wir: Die Unterstützung all dieser Menschen aus der ganzen Welt, verbunden durch das Internet, die wirkt Wunder. Sie hat uns den Mut gegeben, es noch einmal zu wagen“, sagt der Geschäftsführer des Verlags, Josef Mayerhofer.
Die Studenten setzen auf eine neue Form der Finanzierung, die bereits anderen kreativen Projekten geholfen hat: Crowdfunding, eine Mischung aus Crowdsourcing und Fundraising. Die Idee dahinter: Statt weniger Unterstützer, die viel zahlen, zahlen viele Unterstützer wenig.
Auf der Online-Plattformen kickstarter.com hat der Herznote-Verlag zur Unterstützung aufgerufen. Menschen aus der ganzen Welt können vorab entscheiden, ob sie die Produktion von CIRCUS unterstützen wollen und am Ende ein oder mehrere Exemplare abkaufen würden. Wichtig: Es handelt sich nicht um einen klassischen Spendenaufruf, sondern ein Angebot mit Gegenwert, so gibt es für 2 Dollar eine Umarmung eines Herznote-Mitarbeiters, für 2.500 Dollar nimmt die Redaktion den „Backer“ mit auf Reisen.
Ein finanzielles Risiko für die Unterstützer gibt es nicht: Erst wenn der kritische Betrag von 33.330 Dollar (25.000 Euro) erreicht ist, werden die Kreditkarten der Vorbesteller belastet. Kommt das Geld nicht zusammen, entstehen keine Kosten.
Kickstarter ist längst nicht die einzige Plattform, die Projekte und Unterstützer zusammenbringt. Eine umfassende Liste hat Leander Wattig gemeinsam mit den Lesern seines Blogs erarbeitet.
„Leider sind die deutschen Plattformen derzeit noch zu klein“, erklärt Geschäftsführer Josef Mayerhofer, warum sich der Herznote-Verlag trotz des komplizierten Anmeldeprozesses (Wer ein Projekt startet, braucht ein Konto in den USA) für den Marktführer entschied. Bereits 35 Millionen US-Dollar wurden auf Kickstarter für über 12.000 Projekte zugesagt. Das Social Network „Diaspora“ finanzierte sich über Kickstarter, ebenso wie das deutsche Start-Up „Newsgrape“.
Um sich in die Liste erfolgreich finanzierter Projekte einzureihen, wird das „Crowdfunding“ von zahlreichen kommunikativen Maßnahmen begleitet, beginnend bei einem aufwendig produziertes Video und einer kreativen Beschreibung des Vorhabens. Außerhalb der Projekt-Plattform nutzt der Verlag „alle verfügbaren Kanäle, um das Vorhaben bekannt zu machen“. Newsletter, Facebook, Twitter, der Corpoarte-Blog und Mailings an Blogger aus dem CIRCUS-Netzwerk, zählt Mayerhofer auf. Um sein Netzwerk als Fürsprecher zu gewinnen, seien Seriosität und Authentizität besonders wichtig.
Da das Budget für Marketing-Maßnahmen klein bis nicht existent ist, muss sich der Verlag mit Kooperationen behelfen: „Wir tauschen Werbeplätze, arbeiten mit Projekten mit ähnlichen Zielgruppe zusammen, bieten ihnen Bookazines zur Verlosung an.“
Auf klassische Pressearbeit hat der Verlag hingegen verzichtet. Medien, die bereits über CIRCUS berichteten, sollen jedoch in den kommenden Wochen angeschrieben und von einem Follow-Up überzeugt werden.
57 Unterstützer, 2.325 Dollar, das ist, Stand 10. Februar, die bisherige Bilanz; knapp 10 Wochen bleiben um die noch fehlenden 30.000 Dollar zusammenzutrommeln. „Die letzten Tage sind die wichtigsten, da haben wir einige große Aktionen geplant“, sagt Mayerhofer. Im September 2011 soll CIRCUS #2 Voyage erscheinen. Schickt die CIRCUS-Redaktion auf Reisen!
Weitere Links zum Thema Crowdfunding: