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Zensur auf Facebook – Meinungsfreiheit hört da auf, wo die Politik beginnt

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Facebook – dieser große globale Kommunikator ist in der Ukraine in den letzten fünf Jahren immer wichtiger geworden. Aufgrund des Mangels von freier Presse und frischen Ansichten haben sich ein sogenannter „Facebook Journalismus“ und ein „Expertenkreis“ entwickelt. Durch regelmäßige Posts in dem sozialen Netzwerk mit kritischen Aussagen und sarkastischen Kommentaren wird man relativ schnell bekannt und bekommt Tausende von Freundschaftsanfragen. Es wird noch besser: Nach kurzer Zeit werden besonders mitteilsame Facebook-Nutzer schon zitiert und in TV-Shows eingeladen.

Facebook-Journalismus wurde in der Ukraine während der Maidan Bewegung geboren. Selbst der Maidan begann erst damit, nachdem ein Kiewer Journalist in seinem Status einen Aufruf zu Protesten gegen die damalige Regierung auf dem zentralen Platz in Kiew herausgegeben hatte. Nach eineinhalb Jahren haben sich schon einige interne „Brand-Users“ aus der ukrainischen Facebook-Community herausgebildet, die für Tausende als Vorbild dienen. Solche Menschen bauen das ukrainische Segment auf.

Aufgrund der politischen Lage und dem Krieg mit Russland ist die Politik zum wichtigsten Thema in beiden Ländern auf Facebook geworden. Die Medien werden als das wichtigste Instrument der Gehirnwäsche angesehen, um die Wahrheit zu verfälschen. Deshalb machen sich die Regierungen Facebook als Instrument ihrer Propaganda zu Nutze.

Um dagegen anzukämpfen, sind die Oppositions-User beider Länder aktiv geworden. Plötzlich tauchten in Facebook eine enorme Anzahl  pro-ukrainischer Inhalte sowie Meinungen von Putin-Gegnern auf. Auch den russischen Facebook-Usern wurde gestattet, mit einem Klick eine alternative Meinung zu äußern oder eine ganz andere Berichterstattung als jene im russischen Fernsehen zu verfolgen. Ob das von langer Dauer ist?

Die Antwort lautet „Nein“. Seit dem März 2015 treffen sich regelmäßig ukrainische Facebook Nutzer, deren Nutzerprofile vom sozialen Netzwerk immer wieder verbannt werden. Wirft man einen genaueren Blick auf die Verbannungen in der Ukraine, fällt auf: Eine klare pro-ukrainische Position und eine große Freundesanzahl sind in den meisten Fällen vorhanden. Von offizieller Seite sind aber Hetze, Propaganda oder Diskriminierungen die Gründe für einen Bann. De Facto wurde als Hetze ein Beitrag genannt, in dem ein ukrainischer User die EU und UN aufforderte, ihre Aufmerksamkeit auf das Video mit den russischen Soldaten zu richten. Ein anderes Beispiel: Für dieses Foto, auf dem der ukrainische Journalist Andrej Kapustin und der ehemalige georgische Präsident Saaakaschwili zu sehen sind, wurde Andrej für einen Monat verbannt! Dieses Foto wurde als Pornographie gekennzeichnet.

Screenshot von facebook

Das ukrainische Online-Magazin „Watcher“ hat ein Experiment bezüglich der Beschwerden über einige Anti-Ukrainische Facebook Beiträge durchgeführt. Es gab ein Interview mit einem Vertreter vom pro-russischen Militär, in dem dieser sagte, dass seine Streitkräfte gekommen wären, um Ukrainer zu töten. Daraufhin beschwerten sich einige User bei Facebook. Deren Antwort: “The content does not violate the „Community Standards“.

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Die gleiche Antwort bekam ein anderer ukrainischer User für seine Beschwerde hinsichtlich der Facebook- Gruppe “Death to Israel”.

Screenshot von facebook
Screenshot von facebook

 

Jedes Jahr hält Mark Zuckerberg eine Pressekonferenz, bei der er Fragen aus dem Publikum und Nutzerfragen beantwortet (s.g. „Q&A with Mark“). Die Fragen werden nach der Anzahl der «Likes» ermittelt. Dieses Jahr hatte die Frage über die Sperrungen von ukrainischen Nutzerprofilen am meisten Likes (48,000) gesammelt. Zuckerberg wurde gefragt, ob er denn etwas tun könne, wie beispielsweise eine offizielle Facebook-Vertretung in der Ukraine zu eröffnen. Die gleiche Frage stellte der ukrainische Präsident Poroschenko.

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Screenshot von facebook

 

Laut Zuckerberg seien die Nutzerprofil-Sperrungen erfolgt, da die Pro-Ukrainer politisch unkorrekte Posts auf Facebook teilten. Ebenso würde das ukrainische Segment des Netzwerks nicht aus Russland moderiert, da Facebook keine Niederlassung in Russland habe. Stattdessen erfolge die Moderation aus Dublin, Irland.

Direkt in Dublin wegen der Accountsperrungen nachzufragen, stellt allerdings keine Alternative dar. Die Ursachen dürfen aus Sicherheitsgründen prinzipiell nicht veröffentlicht werden.

Screenshot von facebook
Screenshot von facebook

Facebook bestimmt also, was wir sehen und was wir angeblich nicht sehen wollen. Am Beispiel der ukrainischen Situation lässt sich darstellen, wie schwach und undurchsichtig das Zensur-Problem von Facebook gehandhabt wird. Wenn die Richtlinien nicht genau definiert und die Begründungen für die Sperrungen nicht transparent sind, hört Meinungsfreiheit genau dort auf.