Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

PR-Ethik: Kampagne gegen Astroturfing oder Pseudo-Grassroots

5

Seit ein paar Tagen steht der Ölkonzern Exxon am virtuellen Pranger. Hintergrund: Auf YouTube gibt es mehrere Videos, die sich über den ökologisch angehauchten ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore lustig machen. Doch das Wallstreet Journal hatte festgestellt, dass mindestens einer der Clips von Exxons PR-Agentur ins Netz gestellt wurde. Eine Aktion, in der getarnt und getäuscht wird. Und – das ist die Geschichte hinter der Geschichte – ein Verhalten, gegen das sich seit einigen Wochen weltweit immer mehr PR-Leute in einer Kampagne aussprechen. Das Stichwort: Anti-Astroturfing.

Was ist Astroturfing? Im englischen Sprachraum werden mit diesem Etikett PR-Aktionen versehen, die den Eindruck erwecken sollen, dass es sich z.B. bei einer Forderung um eine Graswurzel-Bewegung handelt. Der echte Absender – meist ein Konzern – verbirgt sich also hinter vermeintlichen Privatpersonen. So wird mal mehr, mal weniger plump verschleiert, wer – und damit welches wirtschaftliche Interesse – hinter einer Forderung steht. Eine genauere Definition zitiert Philip Young.

Anti-Astroturfing ist nun das Thema einer weltweiten Kampagne, die von den australischen PR-Leuten (und Bloggern) Trevor Cook und Paull Young gestartet wurde. Sie fordern PR-Agenturen und PR-Abteilungen auf, die Finger von Astroturfing zu lassen und sich öffentlich dazu zu bekennen, das zu tun.

Doch wo liegt eigentlich das Problem von Astroturfing (kennt jemand einen besseren deutschen Begriff?)? Für mich liegt es kurz gesagt darin, dass PR Bestandteil der öffentlichen Kommunikation ist. Und das heißt unter anderem, dass PR-Leute klar sagen sollen, in welchem Auftrag sie unterwegs sind und welche Ziele sie für diesen Auftraggeber verfolgen. Zu fordern sind zudem wahre und überprüfbare Inhalte. So steht es auch in den Ethik-Codizes der PR.

Sehr prägnant ist auch die Position von Trevor Cook:

„Astroturfing is always unethical and usually illegal. It corrodes democracy which relies on transparency. It is usually undertaken by people who are afraid, or lack the skills, to engage in open and honest public debates. Sometimes it is excused because the other side (NGOs and activists) are unreasonable or claim to represent more people than they really do. That excuse doesn’t cut it. Astroturfing is a blight on the PR profession.“

Was mir noch fehlt, sind die Namen ein paar großer PR-Agenturen auf der Liste der Unterstützer der Kampagne. Bislang stehen dort vor allem PR-Blogger (wobei einige PR-Agenturen schon lange entsprechende Ehtik-Codizes haben). Wichtiger Stoff für das nächste PR-Seminar…

>> via Indiskretion Ehrensache und Word2Go

  1. gis

    einmal mehr, auch der bürgerjournalismus ist in der harten realität angekommen. so what?

  2. Langsam. Hier geht es nicht um Bürgerjournalismus (was auch immer das sein mag), sondern um – aus meiner Sicht nicht akzeptable – Erscheinungsformen der PR-Praxis, also einer Profession. Und ob Einzelne sich einer Plattform wie YouTube bedienen oder ob Leute von der Straße von einem Unternehmen dafür bezahlt werden, um gegen ein Gesetz zu demonstrieren, ist dabei zweitrangig.

  3. […] Da habe ich mich wohl leicht vertan: Eigentlich ging ich davon aus, dass die meisten PR-Agenturen selbstverständlich so etwas wie eigene Ethik-Codizes haben oder zumindest ihre Mitarbeiter auf die bekannten Codizes (Übersicht) wie den Code d’Athènes verpflichten. Doch das scheint ein Irrtum zu sein – zumindest, wenn es um die zehn größten Agenturen weltweit geht. […]

Die Kommentare sind geschlossen.