Wider die Herrschaft der Algorithmen! Oder, wie bekommen wir die Kontrolle zurück? – Eine Diskussionsrunde auf der Re:publica in Berlin
„Unser Denken ist gehackt. Suchmaschinen, Social Media und Big Data-Nudging: Algorithmen haben die Kontrolle über unseren Alltag übernommen“, lautet der provokative Teaser. Sind wir tatsächlich zunehmend fremdgesteuert? Und was können wir dagegen tun?
Durch selbstverstärkende Mechanismen versinken wir in der Einseitigkeit unserer Interessen und setzen uns freiwillig der Diktatur der Daten aus. Angeblich wissen zwei drittel der Facebook Nutzer nicht, dass der Facebook-Feed algorithmusgesteuert ist. Andererseits können Algorithmen auch hilfreich sein. Netflix beipielsweise empfiehlt Nutzern neue Serien auf Basis der bereits geschauten.
Aber zuerst: Was ist eigentlich ein Algorithmus und was macht dieser mit dem Facebook Feed?
Ein Algorithmus ist eine mathematische Formel, die mit Variablen etwas schätzt. Wie er genau funktioniert, weiß man in der Regel nicht, da die Unternehmen, die einen Algorithmus nutzen, diesen nicht preisgeben. Mit einem Algorithmus ist die Analyse der Vergangenheit möglich. Das führt dazu, dass Inhalte auf die Posts zugeschnitten werden, die Facebook-Nutzer in der Vergangenheit angeschaut oder geliked haben. Eine Analyse, beziehungsweise Berechnung der Zukunft, ist mit Algorithmen nicht mehr möglich, sobald sich neue Variablen ergeben.
Was ist Big Data Nudging?
Big Data Nudging ist die Beeinflussung von Personen ohne Verbote oder Gebote. Infolgedessen wäre es technisch möglich, dass der Staat steuernd eingreift und zwar ohne gesetzgeberische Hebel in Bewegung zu setzen. Wer mehr wissen möchte, darf sich gerne das Video zur Diskussion hier anschauen.
Risiko der Algorithmen
Durch die Nutzeranalyse werden nur noch personalisierte Suchergebnisse ausgegeben, sei es bei Google oder Facebook. Des Weiteren rückt durch die Personalisierung der Suchanfragen die Wahrnehmung von Realitäten in den Hintergrund. Wir gewinnen zwar den Eindruck, alle Ergebnisse würden das gesamte Spektrum von Meinungen und Informationen objektiv abbilden, tatsächlich verengt sich aber unser Horizont.
Trotz all der negativen Eigenschaften von Algorithmen gibt es auch Vorteile. Nehmen wir beispielsweise Netflix; das kennt jeder. Hier werden Serien- oder Filmempfehlungen anhand schon geschauter Inhalte geliefert. Auch dies, man mag es kaum glauben, macht ein Algorithmus.
Besteht die Möglichkeit die Filterfunktion, zumindest bei Facebook, auszuschalten?
Das ist die eigentliche Frage um die es hier geht: Wie schaffen wir es, uns aus den Fängen der Algorithmen zu befreien? Neben unseren Online- können wir auch Offline Medien konsumieren – möglichst nicht nur eine einzige, sondern gleich mehrere, (internationale) Zeitungen. Unsere Agenda sollten wir nicht auf die eigenen Interessen beschränken, sondern “open minded” arbeiten und uns zusätzliche Themen zu Gemüte führen.
Aus Sicht der Entwickler wäre es sinnvoll, die Benutzer gleich in die Entwicklung der Algorithmen einzubeziehen, damit eine gewisse Offenheit entsteht. Facebook bietet mittlerweile mehrere Möglichkeiten den Nachrichtenfeed besser zu sortieren. Zum einen kann man den “Unfollow”-Button nutzen, der dafür sorgt, dass Beiträge von einer Person mit der man befreundet ist nicht mehr in den Feed gespült werden. Zum anderen besteht die Möglichkeit, sich über Posts benachrichtigen zu lassen. Die Dritte Möglichkeit ist, dass man sich Individuelle Nachrichtenfeeds erstellt und diese mit den Personen und Seiten befüllt die einen wirklich interessieren.
Inzwischen lassen sich Neuigkeiten so einstellen, dass man sich aussuchen kann, was zuerst auf der Timeline angezeigt werden soll. Für eine detailliertere Erklärung, kann man gerne hier weiterlesen. Dem Ärgernis, uns selbst aktiv bemühen zu müssen, wieder Herr der Daten zu werden, können wir nicht entgehen. Bei vielen bleibt ein ungutes Gefühl zurück – eine Unsicherheit, ob die neuen Facebook-Funktionen wirklich ausreichen, um der Filterblase zu entkommen. Die drastischste und für den ein oder anderen vielleicht einzige Lösung ist einfach auch mal abzuschalten. Abschalten, und darüber reflektieren, was einen interessiert, was man wahrnimmt und wo man sich seine Informationen beschafft.