Seien wir kreativ und taufen es „Testimonial-Grabbing“, was Frau von der Leyen (Ursula, Familienministerin der BR Deutschland bis mindestens September ’09, CDUlerin, siebenfache Mutter) da mit Sir Roger Moore betrieb. Da, das war am Dienstag, dem 2. Juni, in Berlin, als sie der Öffentlichkeit gemeinsam mit dem berühmten Mimen den UNICEF-Report 2009 zum weltweiten Kampf gegen Kinderpornografie präsentierte.
Roger Moore, Stilikone, Liebling der cinematophilen Massen, weil siebenfacher 007-Verkörperer in Weltrettungsmission, ist mittlerweile solide 82 jahre alt und engagiert sich seit nunmehr 18 Jahren als Botschafter des UN-Kinderhilfswerks. Ein Mann, der sich präsentieren kann, von Grund auf tele- und fotogen und nicht auf den Kopf gefallen. Das ist auch gut so, denn er hat sich einer ehrenwerten, wenngleich leider sysphosschen Aufgabe verschrieben: Kinder weltweit vor dem sexuellen Missbrauch zu schützen.
Gut ist das alles auch für Ursula von der Leyen, denn politisch steht sie derzeit mit dem Rücken zur Wand. Die Umsertzungen ihrer angeleierten Reformprojekte – Teilzeitelterngeld, intensivierter Kinderschutz durch die Jugendämter und die Internetsperren gegen Kinderpornographie – werden vom Koalitionspartner SPD mit einem trotzigen „Nein“ zum Platznehmen auf der langen Bank verdammt. Gerade der letzte Punkt ist besonders kritisch. Über 100.000 Menschen haben sich bereits in die Online-Petition gegen das Gesetz zur Sperrung von Webseiten eingetragen. „Zensur“, „Ineffizienz“ und „verfehlter Aktionismus“ unken die Kritiker und machen aus Ursula „Zensursula“. Nicht nur die natürlich webaffine Blogosphäre wettert sich wund, mitlerweile sickert der Unmut auch in die meinungsbildende Hirnregion der Offline-Bevölkerung.
Kinderpornographie ist ein starkes Thema, ein wirkungsmächtiges. Niemaden lässt es kalt, wenn laut Schätzungen der Vereinten Nationen jährlich rund 150 Millionen Mädchen und 73 Millionen Jungen unter 18 Jahren zum Sex gezwungen werden. Der Minsterin müsste also für ihr Anliegen eine Welle der Sympathie entgegenschlagen. Die Frage, ob Kindepornografie abstoßend und verurteilenswert ist, würde jeder mit ja beantworten. Dass man alles Erdenkliche dagegen unternehmen muss, sicher ebenso. Und doch reitet sie gegen immer stärker werdende Meinungs-Windmühlen an. Weil, aus ihrer Sicht, der falsche Aspekt in den Vordergrung gerückt ist – Zensur. PR-Gau. Communication: failed!
Da kommen UNICEF und Herr Moore gerade recht, um, qua Aufmerksammachung durch einen mehr als prominenten Fürsprecher, endlich die Brücke in die Köpfe des Bevölkerug zu schlagen. Wie recht das kommt, wie groß die zu Grunde liegende politische Drangsal wirklich ist, zeigt sich, wie immer, in ostentativem Händeschütteln und In-die-Kameras-grinsen. Inhaltlich – und das ist optimal und darf nicht verschwiegen bleiben – gibt ihr der UNICEF-Bericht Recht. Ja, neuartige Medien spielen eine immer wichtiger werdende Rolle bei der Verbreitung von Kinderpornographie. Ja, die Sperrung von Internetseiten könne ein wichtiger Baustein bei deren Bekämpfung sein. Ja.
Natürlich sind wir bereit zu glauben, dass das stimmt. Es ändert aber nichts daran, dass Frau von der Leyen dabei wirkt wie ein Affe, der nach einem bunten Glitzerstein graptscht. In diesem Fall heißt der Stein Rooger Moore. „Testemonial-Grabbing“, eben.