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Stimmungsumschwung an der Waldschlösschenbrücke

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2007 war der Spatenstich. Die Waldschlösschenbrücke bei Dresden soll die Verbindung zwischen dem Ost- und dem Nordteil, in dem sich die Industrie und der Flughafen befindet, verbessern. Dafür wird in Kauf genommen, dass das erste Mal in der Geschichte der Titel „UNESCO-Welterbe“ aberkannt wird. Schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es Pläne für eine Brücke im Elbtal. 2005 gab es einen Bürgerentscheid, in dem das Volk für die Waldschlösschenbrücke stimmte. Trotz der Mehrheit gab es immer wieder Proteste vor allem von Naturschützern. Spätestens seit Stuttgart 21 ist der wehrbare Bürger im Trend. „Wut-Bürger“ wurde sogar zum Wort des Jahres gewählt. Doch inzwischen ist es in den Medien ruhig um Dresden geworden.

Eine lange Vorgeschichte

Doch von vorne: Schon 1900 beantragte der Bezirksverein Johannstadt eine Brücke, die ihren Außenbezirk besser mit der Innenstadt Dresdens verbinden soll. Seitdem gab es immer wieder Pläne für den Bau der Waldschlösschenbrücke, die jedoch wegen zu hoher Kosten, unangemessenen Umfangs oder unpassender Gestaltung abgelehnt wurden. Die Baupläne wurden immer präziser und seit 2000 auch öffentlich diskutiert.

Das Dresdner Elbtal

Gleichzeitig beantragte die Stadt 2003 bei der UNESCO den Titel „Welterbestätte“ für das Dresdner Elbtal. In den Antragsunterlagen gab es auch schon die Erwähnung der Brücke, doch Umfang und genauer Standort standen ja noch nicht fest. 2004 stimmte das Komitee der UNESCO zu. Damit gehörte das Elbtal zu einem der 28 geschützten Orte in Deutschland – darunter auch die Grube Messel, der Kölner Dom oder die Wartburg bei Eisenach.

Der Bau der Waldschlösschenbrücke

Im Februar 2005 lagen genaue Pläne für den Bau der Waldschlösschenbrücke vor und ein Bürgerentscheid sollte Klarheit über ihre Zukunft bringen. 67,9% der Bürger stimmten für die Brücke. Der Hauptgrund ist das hohe Verkehrsaufkommen in der Stadt und die damit verbundenen Wartezeiten. Zu der Zeit bemerkte die UNESCO die Debatte um den Bau einer Brücke mitten durch die Welterbestätte und erbat genaue Unterlagen. Die Auswertung ergab, dass eine Brücke das Elbtal irreversibel zerschneiden und die Kulturlandschaft mit ihren Flussauen zerstören würde.

Die rote Liste

Um die Stadt unter Druck zu setzen, schrieb das Fachinstitut 2006 das Elbtal auf die rote Liste, das heißt, zu den gefährdeten Gebieten. Doch auch die drohende Aberkennung des Titels hatte keine Folgen. Auf den Vorschlag einer Bürgerinitiative statt der Brücke einen Tunnel zu bauen antwortete die Stadt: „Sie (die Brücke) war bzgl. ihrer Auswirkungen auf den Elbhang inakzeptabel und hinsichtlich ihrer leichtfertigen Kostenaussagen nicht verwendbar.“ So zog die UNESCO die Konsequenzen und strich 2009 das Dresdner Elbtal von der Liste. Das Statement der Oberbürgermeisterin Orosz: „Es gab eine intensive und anhaltende Diskussion. Der Mehrheit des Komitees ist es sehr schwer gefallen, den Titel abzuerkennen. Doch es schien den Komiteemitgliedern wichtig, sofort einen neuen Weg aufzuzeigen, das bedeutet, dass das Komitee Dresden für welterbewürdig hält.“ Die Bauarbeiten gingen also unverändert weiter.

Eine Baustelle als Tourismus-Attraktion?

Vor kurzem wurde nun der Mittelteil der Brücke im Schwimmverfahren an beiden Seiten verankert. Dazu waren vor allem Fans der Brücke gekommen. Von Protesten war nichts zu sehen. Wo ist der „Wut-Bürger“ geblieben? Die Stadt Dresden jedenfalls freut sich und trumpft noch auf: „An einem gewöhnlichen Wochentag im April sahen wir in einer Stunde mindestens 100 Neugierige, die an verschiedenen Aussichtspunkten das Baugeschehen verfolgen und mit ihrer Digitalkamera oder Camcorder festhalten.“ Das Medienschauspiel lockt Touristen an und in Foren ist zu lesen, dass die Aberkennung des UNESCO-Titel auf wenig Interesse stößt. Die Touristen würden sowieso meist nur die Stadt Dresden besuchen: die Frauenkirche, den Zwinger oder die Hofkirche. Für das Elbtal bliebe keine Zeit.

Die Loreley in Gefahr?

Nun könnte aber die Diskussion um die Waldschlösschenbrücke noch einmal hochkochen, denn es wurden Pläne für eine Rheinüberquerung in der Nähe der Loreley bekannt gegeben. Auch dieses Gebiet trägt einen UNESCO-Titel. Hier soll aber eine „Weltkulturerbe verträgliche Lösung“ gefunden werden.