Den Alltag spielend meistern: Der Trend der Gamification greift um sich und zieht immer mehr Menschen in seinen Bann. Das Start-up MapCase mit Sitz in Mainz hat diese Strömung aufgegriffen und seine eigene Vision in die Tat umgesetzt. Mit ihren Apps MAPtoSNOW, MAPtoHIKE und MAPtoBIKE wollen sie Menschen animieren, mehr Sport zu treiben – natürlich gegen Belohnungen. Gründer Dominik Kneissl und Marketingexperte Xaver Wegmann erzählen uns im Interview, was Gamification überhaupt ist, welche Hürden sie auf dem Weg zur Selbstständigkeit überwinden mussten und warum Fehler manchmal gut sind.
PR-Fundsachen: Wie funktionieren eure Apps?
Xaver: Die Apps sind ganz simpel aufgebaut. Man zeichnet seine sportliche Aktivität auf (Tracking) und gewinnt dabei Medaillen, kann an Wettbewerben von MapCase Partnern oder Schnitzeljagden teilnehmen. Hinter einigen Pins liegen Belohnungen von den MapCase Partnern, welche zusätzlich den Kunden motivieren sollen. Beispielsweise konnte man im Winter für seine Leistungen eine Reise nach Kanada über INTERSPORT gewinnen. Wir nutzen also die Dynamik, Mechanik und die Regeln von Gamification, um die User zu mehr Sport zu motivieren. Damit das auch ohne Internet funktioniert, nutzen wir GPS.

PR-Fundsachen: Was ist das Geschäftsmodell dahinter?
Dominik: Wir haben drei verschiedene Kundengruppen: Tourismusverbände und Skigebiete, große Marken wie BMW, Intersport, Atomic – alles, was prinzipiell mit dem Sportbereich zu tun hat -. und lokale Betriebe wie Hotels, Restaurants, Diskotheken, Bars, Sportgeschäfte in einer bestimmten Region. Diese kriegen die Exklusivität auf den User, der sich gerade in der entsprechenden Region bewegt. Der Kunde kann so extrem effektives Marketing machen. Wir grenzen jeglichen Streuverlust vorher aus. Wenn man das vergleicht mit einer Fernsehwerbung: da erreicht man Omis, Opis, Kleinkinder, obwohl man vielleicht nur die Frauen zwischen 25 und 30 erreichen will.
: Was ist überhaupt Gamification?
Xaver: Die allgemeine Definition ist der Einsatz spielerischer Elemente in einem Kontext, in dem normalerweise keine Spiele vorkommen. Gamification an sich ist eigentlich auch nichts Neues. Wissenschaftler erforschen schon lange den Reiz von Spielen wie Uno oder Monopoly und setzen die Erkenntnisse über die Spieledynamik und -techniken in einem neuen Kontext ein.
Dominik: Das kann man zum Beispiel auf Personal anwenden. Die Leute, die mehr Sport machen, bekommen mehr Urlaubstage. Wer spritsparend Auto fährt, erhält einen Bonus. Wir machen das mit Sport und belohnen die Leute mit Coupons, aber ohne das Unternehmen als Plattform zu haben.
PR-Fundsachen: Wie ist MapCase entstanden?
Dominik: Ich habe 2011 das Unternehmen mit meinem Bruder gegründet. Die Idee ist aber schon viel früher entstanden mit einem anderen ursprünglichen Gründerteam. Wir waren damals auf der Olympiade 2010 und fragten uns, wie man Menschen belohnen und motivieren kann, mehr Sport zu machen. Nach der ersten Idee, kamen die ersten Erfolge. Wir wurden vom Förderprogramm der Europäischen Raumfahrtbehörde aufgenommen und von EXIST, das ist ein Stipendium, gefördert. Dann hat sich das Gründerteam erst einmal zerklüftet, weil nach diesem ersten Erfolg die Visionen auseinandergelaufen sind. Aber das war der Punkt, an dem es erst richtig losging.

PR-Fundsachen: Wie habt ihr diese erste Hürde überwunden?
Dominik: Naja, wir standen da und hatten eigentlich nichts: keinen Entwickler, kein fertiges Produkt, kein Geld. Wir dachten uns, entweder wir lassen es sein oder wir gehen All-in. Ich bin dann los und habe im Prinzip ein unvollständiges Produkt an Skigebiete verkauft. Ich bin zu Kunden gefahren, habe Leute am Telefon bequatscht und im Auto geschlafen. Mein Auto ist irgendwann nicht mehr angesprungen, das konnte ich auf den Schrottplatz stellen, aber nach drei Monaten hatte ich neun zahlende Kunden. Mit dem Geld haben wir externe Entwickler finanziert, um überhaupt das Produkt zu bauen. Wir haben den ersten Investor gefunden und dann innerhalb von einem Jahr 13 Leute eingestellt. Nach eineinhalb Jahren arbeiten jetzt mit externen Mitarbeitern 22 Leute an den Produkten. Im Juni kam auch noch MAPtoHIKE and MAPtoBIKE, mit denen wir dann vermarktungstechnisch viel breiter gehen und jetzt hier in Deutschland stark aktiv werden. Bisher waren wir nur auf die Alpen beschränkt.
PR-Fundsachen: Wie viel Aufwand habt ihr in die PR gesteckt?
Xaver: Wir hatten anfangs mit einer PR-Agentur zusammen gearbeitet. Wir mussten aber schon immer die Pressemitteilungen selbst verfassen. Die haben wir in den Skigebieten veröffentlicht. Dazu kamen immer mehr die Erfolge wie Preise oder Awards. Letztes Jahr haben wir auf zwei Messen App-Preise gewonnen. Wir haben beim German Accelerator gewonnen und können ab Oktober zwei Teammitglieder nach Silicon Valley schicken.
Unser Ziel, eine interne PR-Stelle zu schaffen, haben wir gerade erreicht. Nur wenn man das Startup-Flair und das ganze Team mitbekommt, kann man auch wirklich authentisch berichten.
PR-Fundsachen: Welche anderen Schwierigkeiten sind euch begegnet?
Dominik: Oh, so viel. Eigentlich gab es jeden Tag Dinge, die mich überrollt haben. Und man hat auch viele Fehler gemacht und unter Umständen hat man sich mal richtig verbrannt. Aber das gehört dazu. Ich glaube, das war ganz richtig so, dass ich die Fehler selbst gemacht habe, weil ich erst dadurch gelernt habe, was richtig und falsch ist. Wenn mich jemand, wie Papa oder Mama an die Hand nimmt und sagt: “Mach das nicht!”, dann wüsste ich, sobald sie mich loslassen, trotzdem noch nicht, was ich machen müsste.