Die weltweite Anzahl der Blogger hat sich von 100.000 im Jahre 2003 auf einen aktuellen Stand von etwa 8,5 Millionen erhöht. Nach einer Untersuchung der Online-Ausgabe von USA Today betreibt jedoch kein Vorstandsvorsitzender der 1.000 umsatzstärksten US-amerikanischen Unternehmen ein eigenes Weblog.
Eine Tatsache die überrascht. Ein Boss-Blog bietet viele Vorteile:
– Die Filterwirkung der Medien (Gatekeeper) wird umgangen.
– Der bloggende CEO (Chief Executive Officer → entspricht einem Vorstandvorsitzenden) kann seine Statements direkt auf Schreibtisch und Bildschirm von Kunden, Angestellten, Börsen-Analysten und Mitbewerbern bringen.
– Das Weblog eines bekannten CEO würde die Zugriffszahlen der Site erhöhen und zu einer größere Aufmerksamkeit für den Web-Auftritt des Unternehmes führen.
– Die Öffentlichkeit wird kostengünstig informiert und möglicherweise auch beeinflusst .
– Die gesteigerte Aufmerksamkeit der Nutzer kann zu höheren Verkaufszahlen führen.
Trotz aller Vorteile, benötigt ein bloggender Boss ein dickes Fell in der Blogosphäre. Unternehmen verhalten sich abwartend, inoffensiv und sind auf Konsens bedacht. Die Blog-Welt dagegen verhältsich alles andere als harmonisch. Hier wird die Wahrheit ausgesprochen, auch wenn sie schmerzt. Jeden Tag wird schmutzige Wäsche gewaschen. Radikale Blogger kämpfen gegen jede Form von Großunternehmen.
In der Blogosphäre herrschen Wild-West-Manieren. Rüde Kommentare und Beschimpfungen sind an der Tagesordnung. Ob ein Vorstandsvorsitzender damit umgehen könnte und wollte? Ein CEO, der sein Blog als reine Verkaufsplattform für das Unternehmen und seine Produkte verwendet, wird von der Community schnell enttarnt und abgewatscht.
CEOs spüren mittlerweile die Macht der Weblogs. Die Einflussmöglichkeiten von Blogs für die Firma, nutzen bislang nur ganz wenige. CEO-Blogger kommen meist aus der PR oder von kleinen Technologie-Firmen. Sie besitzen also von Haus aus eine Affinität zu Kommunikation und Technik.
Viele Unternehmen in den USA unterstützen Blogging-Aktivitäten, allerdings nicht die der Vorstandsvorsitzenden, sondern die ihrer Angestellten.
Die meisten CEOs haben große Bedenken vor einem eigenen Weblog. Aus ihrer Sicht, würden sie damit Kritikern eine weitere Angriffsfläche bieten. Jeder Meckerei aus der Blogosphäre müssten sie sachlich und sanft begegnen – immer auf Konsensfindung bedacht. Den Bedürfnisse und Forderungen von Stakeholdern, Kunden und Angestellten im Weblog gerecht zu werden ist nahezu unmöglich.
Die Zwickmühle der Boss-Blogs, zwischen Geschäft und Authentizität, lässt sich kaum auflösen. Diese Blogs stehen immer im Dienst des Unternehmens. Meinungsflexibiltät und Offenheit fehlen. Alles ist nach den Leitsätzen der Firma ausgerichtet. Hier kann sich keine offene Diskussion entwickeln.
Vorstandsvorsitzende müssen authentischer, lebensechter werden. Blogger sollten weiterhin kritisch sein, dabei aber Fairness und Respekt beachten. Erst wenn CEOs und Blogger veränderte Rollen einnehmen, können Boss-Blogs stärker als Kommunikationsmittel genutzt werden.