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Märchen 2.0: Wie Instagram, Tinder und Co. die Disney-Märchen wieder erzählen

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Disney Filme versetzen uns zurück in unsere Kindheit und erinnern uns an die magischen Abenteuer unserer Lieblingshelden. Da kommt bei vielen jungen Mädchen der Traum auf, später auch einmal eine Märchen-Prinzessin zu sein. Was passiert aber, wenn man ein Märchen nicht mehr von der Realität unterscheiden?
Wie Instagram, Tinder und Snapchat uns die Scheinwelt á la Walt Disney vorspielen.

 

Es war einmal vor langer Zeit eine wunderschöne Prinzessin…

So beginnen die meisten Märchen, die von einem schönen und makellosen Leben eines jungen Mädchens erzählen. Jene Geschichten, in denen die Prinzessin von ihrem Märchenprinzen gerettet wird und beide gemeinsam glücklich bis an ihr Lebensende sind. Mit Hilfe von Magie und Zauberei entkommt sie ihrem Elend und findet ihren Weg zum Glück.

 

Dieses “Erfolgsrezept” ist in fast allen Disney Filmen vorzufinden und kann als Wiedererkennungsmerkmal wahrgenommen werden. Die Figuren und Handlungen sind fern von jeglicher Realität und spielen in einer Traumwelt. Während erwachsene Zuschauer die unrealistischen Geschehnisse gut einschätzen können, fällt es Kindern schwer, zwischen Fakt und Fiktion zu unterscheiden. Der fehlende Bezug zur Realität der Märchen kann zu einem verzerrten Weltbild führen. Daraus entwickeln sich unrealistische Erwartungshaltungen an das Leben und die Liebe, weshalb Disney bereits des Öfteren in der Kritik stand. Es wird ein hoher Druck der Perfektion auf die Rezipienten ausgeübt, die das selbe Leben wie im Film führen wollen. Auch wenn sich diese von den Inhalten distanzieren können, da es sich um einen fiktiven Film handelt, eifern sie den Idealen in ihrem Unterbewusstsein nach. Wirft man ein Blick auf die sozialen Medien ist unschwer zu erkennen, dass auch dort falsche Vorstellungen durch eine Scheinwelt vermittelt werden.

Traum einer Märchen-Prinzessin
https://www.hdaustria.at/blog/disney-filme-ueber-schoenheitsideale-rollenbilder-und-deren-einfluss-auf-kinder/

 

Mehr Schein als Sein

Die sozialen Medien erzählen die Märchen Geschichten wieder. Die Trennung zwischen Realität und Illusion fällt hier jedoch schwerer. In Form von schönen Strandbildern, teuren Autos und einem perfekten Körper, wird das Ideal eines erfolgreichen Lebens digital vermittelt. Dass die Mehrheit dieser Aufnahmen gefälscht oder optimiert sind, wissen viele Nutzer nicht. Hierdurch wird ein hoher Druck auf die Rezipienten ausgeübt, die ebenfalls ein erfolgreiches Leben führen wollen- zumindest auf den sozialen Kanälen. Es wird mehr Wert darauf gelegt, glücklich auszusehen, als sich so zu zeigen, wie man sich wirklich fühlt. Diese geblendeten Nutzer sind in einer Traumwelt eingesperrt und versuchen dort ihr Märchen zu erschaffen. Dabei laufen sie Gefahr, sich in ihr Unglück zu stürzen, wenn sie ihren Idealen nicht entsprechen.

 

Wie aus Cinderella Tinderella wurde

Im Märchen von Cinderella findet die Prinzessin ihren Prinzen aufgrund ihres gläsernen Schuhs. Ein wahrer Traum für viele Fans, die sich ebenfalls wünschen, die Auserwählte des Prinzen zu sein. Weshalb sollte das dann nicht auch im echten Leben funktionieren? Wo bei Cinderella ein Schuh passt (oder eher “matcht”), findet auf Tinder ein Match mit dem Profil statt. Die Voraussetzung ist, dass das Gegenüber einem optisch gefällt, denn man ist schließlich auf der Suche nach dem Traumprinzen. So oberflächlich die App auch erscheint, ist sie der Hoffnungsträger vieler Nutzer, die einzig wahre Liebe zu finden. Frei nach dem Motto “Liebe auf den ersten Blick”, stürzen sich viele Singles in die Partnersuche. Eine Untersuchung in der Schweiz hat jedoch ergeben, dass sich nur bei 12% der befragten Nutzer eine Beziehung aus einem Tinder Date ergeben hat. Die Realität zeigt, dass ein gegenseitiges Swipe nach rechts kein Garant für die wahre Liebe ist.

Wie der Märchenprinz der heutigen Tinderella aussieht
https://www.youtube.com/watch?v=bLoRPielarA

Schneewittchen und die sieben Filter

Doch nicht nur das Märchen von Cinderella wird durch die sozialen Kanäle weitererzählt, sondern auch das von Schneewittchen und den sieben Zwergen.
“Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?”- fragte die böse Stiefmutter ihren Zauberspiegel. Dieser Frage gehen aber auch die Social Media Prinzessinnen von heute nach und versuchen sich über Instagram und Snapchat zu profilieren. Mit Hilfe von Filtern und Co setzen sie sich gekonnt in Szene und zeigen sich von ihrer schönsten Seite. Dass sie sich dabei auf ihr Aussehen beschränken, kümmert sie nicht. Denn die Anerkennung der Community ist das, worauf es ankommt. Diesen oberflächlichen Trend erkennt man auch am Ruhm unzähliger Beauty Blogger. Die Likes, Kommentare und mögliche Kooperationen mit Unternehmen ernten sie aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes. Während die sieben Zwerge Schneewittchen aus ihrer misslichen Lage halfen, tun dies heutzutage die Filter. Meist sieht das Endprodukt nicht mehr so aus wie das Original, doch die Scheinwelt á la Walt Disney wird auch hier weiter gelebt.

 

Hilflose Schönheiten sind nicht mehr en vogue

Disney stand bereits durch das ”frauenfeindliche Rollenbild” in ihren Filmen des Öfteren in der Kritik. Die weiblichen Figuren waren hilflos und machtlos. Ihre Haupttätigkeit bestand im Putzen und Kochen. Umgeben von bösen Stiefmüttern und Stiefschwestern in einer ungerechten Welt, konnte sie nur ein Prinz aus dem Elend retten. Das Aussehen spielt eine entscheidende Rolle und gilt als wichtigstes Merkmal einer jeden Prinzessin. Die daraus entstehende Gefahr für kleine Mädchen ist klar erkennbar. Im frühen Alter wird ihnen bereits vermittelt, dass sie sich um den Haushalt kümmern sollten und stets gut auszusehen haben. Dieses Rollenbild herrschte zur Entstehungszeit der alten Disney Filme. Die moderne Frau von heute ist jedoch oft unabhängig und emanzipiert. Das hat auch Disney erkannt und wirkte seiner Kritik mit Filmen, wie die “Eiskönigin” oder “Rapunzel- neu verföhnt” entgegen. In diesen Werken steht die Persönlichkeit der Heldinnen im Vordergrund, die sich auf eine Selbstfindungsreise begeben. Disney hat den Einfluss der Medien auf das Rollenverständnis und die Selbstwahrnehmung von Kindern erkannt und gehandelt.

 

Auf den sozialen Medien sind zwar keine Kinder unterwegs, aber viele Heranwachsende. Der negative Einfluss der Medien ist besonders hier erkennbar. Das Ideal von schlanken Models führt zu einem Magerwahn, welcher in Form von Challenges weitergeführt und verbreitet wird. Trotz der vielen Gefahren und der andauernden Oberflächlichkeit, sind auch hier erste Entwicklungen in eine gute Richtung zu erkennen. Durch die Aufmerksamkeit auf Fake News wurde die Wahrnehmung der Nutzer verbessert, die die vorliegenden Inhalte öfter hinterfragen. Dass ein zunehmendes Misstrauen gegenüber den sozialen Kanälen entsteht, erkennt man außerdem an der häufig geforderten Authentizität. Diese wird als bedeutender Erfolgsfaktor für Unternehmen und Influencer gepriesen. Dabei stellt sich die Frage, weshalb diese Meinungsführer erst aufgefordert müssen “echt” zu sein? Ist das nicht der Beweis dafür, dass auf den sozialen Medien viel getrickst wird?

Der Unterschied zwischen Instagram und der Realität
Instagram @imrececen

Schönheit liegt im Auge des Betrachters

Trotz der Modernisierung der Rollenbilder ist die Emanzipation der Frauen noch nicht vollkommen in den sozialen Medien eingedrungen. Durch die Fokussierung auf Likes und Kommentare entsteht eine verzerrte Vorstellung von Anerkennung. Heranwachsende und jene, die von den Social Apps geblendet sind, sollten die wesentlichen Dinge nicht aus den Augen verlieren. Instagram und Co finden nur online statt und bieten nicht genügend Möglichkeiten die ganze Persönlichkeit darzustellen. Die Talente und der Charakter sollten im Vordergrund stehen, da sie einen Menschen ausmachen. Die abstrakte Märchenwelt der sozialen Kanäle spiegelt nicht die Realität wieder, sondern nur einen Teil davon. Daher gilt der Appell an alle Social Media Prinzessinnen: Schönheit liegt im Auge des Betrachters!

Und da diese Weisheit nicht gestorben ist, gilt sie auch noch heute.