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Macht das Internet doof?

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So hieß der Aufmacher des Spiegels vergangene Woche. Wohlgemerkt Spiegel, nicht Spiegel-Online. Als aktiver Internetnutzer möchte man natürlich mehr darüber wissen. An die Internet-Umsonst-Kultur gewöhnt, war es mal wieder Zeit – fern der umfangreichen Hochschulbibliothek – Geld für eine besonders fundierte Publikation auszugeben.

Kaum jemand wird bestreiten, dass wir heute einer enormen Informationsflut ausgesetzt sind, ob wichtig oder unwichtig. Eine Menge Zeit wird verwendet fürs Lesen und Schreiben von E-Mails, das Pflegen unserer Kontakte bei StudieVZ, Xing und Facebook nimmt weitere Zeit in Anspruch. Nebenher beantworten wir noch Instant-Massages von Freunden über Skype oder ICQ, und per RSS-Feed bekommen wir die neuesten Bundesliga Ergebnisse, die ja auch interessant sind. Aber ursprünglich wollte man nur bei Google-Maps den Weg für die nächste Fahrradtour recherchieren und ein wenig Musik nebenher hören. Und schon ist die freie Zeit dahin.

Gut, dass man zu Hause ist, und nicht auf der Arbeit, womöglich würden der Chef oder etwaige Kunden sonst auch noch etwas wollen. Auf der Arbeit kommt es dann natürlich „nie“ vor, dass sich private und berufliche Erledigungen im Netz überschneiden. Die Kollegen schicken „nur“ sinnvolle Rundmails und wir können „jederzeit“ zwischen wichtig und unwichtig entscheiden. Natürlich nicht, denn der Alltag verläuft in der Regel leider nicht so optimal, und mit schnellem „Multi-Tasking“ versuchen wir alles unter einem Hut zu bekommen. Aber in wie weit verändert dieses Multi-Tasking unser Gehirn und unsere Intelligenz?

„Der Kommunikationswahn im Netz hat verhaltensauffällige und hochnervöse Individuen hervorgebracht, die immer mehr erfahren und immer weniger wissen“, so der Spiegel.

Das kritische Denken bleibt bei der Fülle an Informationen auf der Strecke.

Intellektuelle klagen darüber, dass ihnen das stundenlange Lesen und Verfolgen von komplizierten Gedankengängen inzwischen schwer fällt. Börsen-Händler, die von der E-Mail-Flut quasi erschlagen werden. Pubertierende Heranwachsende mit Zugang zur weltweiten Internet-Pornografie. Schüler, die nach der Lösung ihrer Hausaufgaben im Netz suchen, ohne selbst zu überlegen. Lehrer, die schon froh sind, wenn Schüler dies überhaupt tun und nicht nur nach Bildern und YouTube-Videos suchen.

Der Spiegelreporter wagt den Selbstversuch, in einer Röhre werden seine Gehirnaktivitäten beim Multitasking gemessen. Das Ergebnis überrascht, denn bei gleichlaufender Mehrfachbelastung wird sein Gehirn nicht schneller, sondern langsamer. Im Netz stellte ein Blogger daraufhin die etwas unschöne Gegenfrage, ob das Internet nicht vielleicht Spiegelredakteure doof macht.

  1. Naja, mit dem Multitasking und dem Gehirn ist das wahrscheinlich nicht viel anders als mit dem Rechner und den Prozessen: irgendwann ist der Arbeitsspeicher (ganz zu schweigen von der Festplatte) eben auch mal voll. Das kann man trainieren, aber der eine kann es eben von Natur aus besser als der andere. Und für Geübte: ordentlich filtern ist meiner Meinung nach die beste Methode.

  2. Ferdinand von Reinhardstoettner

    Durch ein Überangebot im Netz – was aber nicht negativ zu sehen ist – bleibt den Nutzern bzw. uns nichts Anderes über, als die Seiten und Texte im Reader zu überfliegen und die individuellen Daten zu filtern. Wichtiger sehe ich, dass man seine Zeit besser managt und seine Fokus auf persönliche Interessen legt.
    Das Netz macht sicher nicht doof, aber es zeigt uns oft schnell, wenn wir uns doof anstellen und nicht wissen, wie wir es sinnvoll nutzen.

  3. Absolut. Internet macht die Menschen doof, die sich doof machen lassen :).

  4. Ich denke auch nicht dass das sogenannte „Überangebot im Netz“ zwangsläufig negativ ist. Früher existierten all die Informationen zwar schon – jedoch in Büchern oder allein in den Köpfen von Experten und einem kleinen Kreis von „Eingeweihten“.

    Internet bietet also auch die Chance, schlauer zu werden. Wenn jemand früher eine Frage zu einer bestimmten Sache hatte – wer ging dann schon extra in die Bibliothek und holte sich aus dem Präsenzbestand irgendeinen dicken Wälzer um darin die Antwort zu suchen (auch darin ein Überangebot an Information, die man gar nicht haben wollte)? Dann doch lieber relativ schnell gegoogelt und man ist im besten Fall um einen Wissensbaustein reicher – und evtl sogar klüger 😉

    Klar gehen mit dem Internet viele Probleme einher. Aber durch bestimmte Tools, angemessene Informationsaufbereitung und auch die Anpassungsbereitschaft des Nutzers (und das nicht unbedingt in Richtung „Dummheit“) lassen sich einige in Zukunft sicher lösen.

  5. Lars Abendroth

    In vielen Punkten stimme ich euch zu. Ein besseres Zeitmanagement, das Filtern von Informationen und die Ausrichtung an persönlichen Interessen kann sicherlich eine Menge Probleme, die im Umgang mit dem Internet und der persönlichen Arbeitsweise entstehen, lösen.

    Ein Großteil der hier Schreibenden ist mit der Ausnutzung der Internetmöglichkeiten bestens vertraut. Das Thema wird natürlich automatisch aus diesem Background heraus betrachtet. – Was gut ist, denn die Ratschläge helfen anderen im Umgang mit dem Internet.

    Aber ist beispielsweise der Schüler schlauer, der sich die Interpretation eines Romans aus dem Internet zieht, der sich also nicht doof anstellt und das Internet zumindest aus seiner Sicht sinnvoll nutzt? Oder der Schüler, der den Roman liest und sich kritisch damit auseinander setzt, um anschließend seine „eigenen“ geistigen Früchte zu Tage zu bringen?

    Klar, der Dümmste ist sicherlich der, der weder das Internet zu nutzen weiß, noch dazu die Auseinandersetzung mit dem Roman scheut. Soll heißen, nicht jede Erleichterung, die uns das Internet bringt, ist auch gut.

    Dass uns im Netz eine unzählige Fülle an Informationen zur Verfügung steht, ist zu begrüßen, was ich selber auch tue. Ich sehe es auch als positiv an, dass praktisch jeder darauf Zugriff hat und sich individuell informieren kann. Wobei ein gesundes Misstrauen gegenüber der Quelle nicht schaden kann. Ende November soll Europas digitale Bibliothek mit rund zwei Millionen gespeicherten Büchern und Kunstwerken starten. Das Portal ist unter http://www.europeana.eu zu finden.

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