Nachdem die unglaublichen Spionagemethoden beim Discounter Lidl bekannt wurden, muss die Supermarktkette nun schnellstens ihr Image wieder aufbessern. Denn laut einem Interview des NDR mit Stern Reporter Markus Grill rutschte Lidl im Image-Ranking von Platz zwei auf den 16. und damit letzten Platz.
Nun ist Krisen-Kommunikation gefragt – Doch erfolgreich ist Lidl damit nicht. Kurz nach Veröffentlichung des Skandals lautete die Kommunikations-Strategie zunächst Abschottung statt Information. Bald wurde der öffentliche Druck jedoch zu groß und das Unternehmen zeigte sich reumütig. Anfang April schaltet Lidl dann Anzeigen in diversen Tageszeitungen, in denen die Leser nicht nur die Angebote der Woche sondern eine weitere Entschuldigung des Unternehmens vorfanden.
Aber die hohlen Worte ändern nichts am zerstörten Image und so dachten sich die PR-Strategen nun eine neue Kampagne aus. Wie das Online-Magazin Horizont.net heute meldet, schickt Lidl nun die Überwachungsopfer in die Öffentlichkeit, damit diese die Harmlosigkeit der Spionage propagieren. Nach dem Motto „Wir vertrauen Lidl, vertrauen Sie uns“ vermitteln die Angestellten, dass der ganze Fauxpas ihres Arbeitgebers halb so schlimm gewesen sei.
Glaubwürdig kommt das Ganze aber nicht rüber und man muss sich fragen, was sich Lidl bei einer solchen Kampagne denkt. Und vor allem: Was der Discounter seinen Mitarbeitern geboten haben muss, damit diese nach dem Skandal auch noch den Kopf für ihren Arbeitgeber hinhalten, der zuvor massiv in ihre Grundrechte eingriff.
Nachtrag: Passend zum Thema und zu einer weiteren Kampagnen-Maßnahme von Lidl habe ich bei Indiskretion Ehrensache diesen (etwas ironisch angehauchten und lesenswerten) Artikel gefunden: Lidl, Welt.de und der Glaube an die Dummheit der Leser.
Wenn sich ein Unternehmen in so kurzer Zeit bei seinen Kommunikations-Strategien (Aussitzen, Offener Breif, „Testimonial-Nutzung“ – erst der liebe Herr Datenschützer dann die Mitarbeiter) so dreht und wendet, dann ist das einizig Glaubwürdige daran, dass man es dem Unternehmen durchaus abnimmt, dass sie mit allen Mitteln ihr Image wieder aufbessern möchten.
Zynisch ausgedrückt wäre der Image-Schaden vermutlich nicht einmal so groß geworden, wenn LIDL bei seiner anfänglichen Aussitz-Taktik geblieben wären.
Unter dem Titel „Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern nicht vertrauen“ habe ich mich auf meinem Blog diesem Thema übrigens ebenfalls gewidmet:
http://blog.kerstinplehwe.de/glaubwurdigkeit/
wenn-unternehmen-ihren-mitarbeitern-nicht-vertrauen
Vielen Dank Frau Plehwe für Ihren Kommentar und den Hinweis auf Ihren Artikel. Wie Sie darin schon schreiben – die Glaubwürdigkeit spielt eine große Rolle bei einer solchen Kampagne. Und mit den bisherigen Maßnahmen hat Lidl es noch nicht geschafft, seine Entschuldigung glaubwürdig zu kommunizieren.
Ob es besser gewesen wäre, bei der der anfänglichen Aussitz-Taktik zu bleiben, wage ich zu bezweifeln. Nur hätte man sich eine klügere Strategie überlegen sollen, in denen keine Mitarbeiter ein Vertrauen propagieren, das offensichtlich nicht auf Gegenseitigkeit beruht.
In meinem Artikel habe ich noch einen lesenswerten Link ergänzt – anscheinend hat Lidl eine weitere Maßnahme gestartet, diesmal in Kooperation mit Welt.de.
Wie gesagt, meine Aussage war bewusst etwas überspitzt dargestellt, da man in dem Fall wenigstens von einer konsequenten Form der Kommunikation – nämlich nicht zu kommunizieren – hätte sprechen können. Falsch, aber konsequent.
Vielen Dank für den Link. Schön unauffällig thront oben in der Ecke bei Welt.de der Hinweis, dass es sich bei der LIDL-Selbstdarstellung um eine Anzeige handelt. Offener, ehrlicher Kunden-Dialog sieht anders aus. Da hilft auch nicht die Umfrage auf der Seite, was User sich als weitere Maßnahmen wünschen – ganz im Gegenteil. Das ist keine Kommunikation, das ist Marktforschung. Hoffen wir, dass das Unternehmen sich letztendlich für das Richtige entscheidet: Authentizität. Ansonsten wird der Aufbau von Vertrauen vermutlich sehr, sehr lange dauern.
Die Umfrage bzw. die gesamte Sonderveröffentlichung bei Welt.de soll dem Kunden das Gefühl geben, es fände ein offener Dialog statt. Peinlich daran sind die Kommentare der angeblichen Kunden, die sich teilweise wirklich gefälscht anhören (einige sind von „Indiskretion Ehrensache“ zitiert). Ich glaube auch nicht, dass Lidl durch diesen krampfhaften Versuch einen Dialog herzustellen, das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen kann. Peinlich ist die Aktion übrigens auch für Welt.de, die als eigentlich recht renommiertes Medium die Plattform für diese Maßnahme bereitstellt. Aber gut, gehört ja wie Bild auch zu Springer – und Bild war eines der Medien für die oben genannte Maßnahme.
Interessant an der Umfrage ist, dass die Teilnehmer eine regelmäßige offene Kommunikation fordern. Also nicht nur eine öffentliche Präsenz nach der Krise. Denn die auch beste Krisenkommunikation funktioniert nicht, wenn das Unternehmen nicht zuvor schon im Dialog mit der Öffentlichkeit steht.
Es wäre tatsächlich wünschenswert, wenn Unternehmen nicht erst in Zeiten von Krisen den Dialog mit der Öffentlichkeit suchen würden, sondern allgemein eine Kommunikation „auf Augenhöhe“ führen würden. Sehen das die jeweiligen Verantwortlichen auch schon oder muss da noch einiges an Überezugungsarbeit getan werden?
Hallo Frau Grimsehl,
die Erkenntnis, dass ein Umdenken nötig ist in der Art, wie ein Dialog zwischen Unternehmen und Kunden heute stattfinden sollte, setzt sich nach und nach durch. Leider sind es ja meistens die Negativ-Beispiele, die in den Medien aufgegriffen werden. Das wohl bekannteste positive Beispiel für einen radikalen Wandel in der Kommunikations-Strategie ist die Firma DELL, die nach sehr harscher Kritik an ihrem Support durch einen Blogger jetzt einen viel offeneren Dialog mit ihren Kunden führt.
http://www.buzzmachine.com/?tag=dell
Wenn Sie sich weiter für das Thema interessieren, würde ich hier gerne etwas Werbung machen und Ihnen mein aktuelles Buch zum Thema empfehlen:
http://blog.kerstinplehwe.de/das-pinocchio-paradox
Hier finden Sie auch weitere positive Fall-Beispiele.
Willkommen im widerstandslosen Stasi Staat…. und
da beschweren sich noch Leute über das dritte Reich ?!
Akten machen frei !
Ich bin sehr interessiert an dem Lidl-Thema und der eher misslungenen Krisen-PR des Unternehmens. Leider hab ich bis heute nicht herausbekommen, wer bei Lidl denn eigentich dafür verantwortlich ist. Macht das der Herr Gehrig selbst? Irgendwo habe ich auch was von einer Lidl-Sprecherin gelesen… Und in der Vergangenheit hatte Lidl doch eine PR-Agentur. Ist das noch immer so?