Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Krisenkommunikation an der Basis

1

Die Situation: Als umweltbewusste Bürgerin (und der Parkplatzsuche überdrüssig) sitze ich in der Straßenbahn gen Heimat. Feierabendverkehr, bestens gefüllt, verbrauchte Luft, eine leicht muffige Sporttasche im näheren Umfeld. Rien ne va plus! Mitten auf der Strecke, Aussteigen unmöglich. Hier rollt der Feierabendverkehr zweispurig – noch.

Vielleicht fragt ihr euch, was hat das mit PR zu tun? Eine ganze Menge finde ich. Denn in diesem Moment, in dieser Bahn, tritt ein Unternehmen (der ÖPNV-Betreiber) über einen Mittelsmann (auch wenn es kein Pressesprecher sein mag, so eben der Straßenbahnführer/-fahrer) in Kontakt mit seinen Stakeholdern (den Passagieren). Und das in einer Krisen-Situation – jedenfalls gemäß der Formulierung im PR-Wiki.

Die Kommunikation erfolgte auf Hessisch, ein wenig Heinz-Schenk-like, ein schwerer Unfall vor uns, es geht nicht weiter, haben Sie etwas Geduld. Doch wieviel Geduld haben 120 bis 150 in einer Bahn eingepferchte Menschen, wenn sie die nächste Haltestelle vor Augen haben und sie dennoch nicht erreichen? Und wie lange werden sie sich ruhig verhalten, wenn für die kommenden zwanzig Minuten keine Ansage erfolgt? Dafür jedoch der SEV an einem vorbei rauscht?

Ist das nicht eines dieser planbaren Szenarien? Sowohl für den ÖPNV-Betreiber als auch die Polizei? Oder wird in diesem Fall nicht viel Wert auf Risikokommunikation gelegt? Klar, lässt sich jetzt sagen, übertreib‘ mal nicht. Doch ich empfand diese (nur) zwanzig Minuten in der Bahn als ein sehr anschauliches Beispiel, wie schwierig Krisenkommunikation sein kann.

Wichtig ist, dass nicht nur die Oberen gebrieft sind – sondern diese Leitfäden bis ganz nach unten durchgereicht werden. Denn letztlich ist jeder Arbeitnehmer Repräsentant des Unternehmens. Und es ist doch wünschenswert, dass in diesem speziellen Fall alle mit Ruhe und Besonnenheit reagieren. Ein wenig weiter gedacht heißt das übrigens für das bevorstehende Großereignis, der WM im Sommer 2006, dass noch so manches Briefing erfolgen sollte. Dann ist die Welt zu Gast bei Freunden. Und vermutlich nicht alle Gäste werden mit Hessisch etwas anzufangen wissen.

So viel für den Moment zur Krisen-PR, die mehr und mehr so etwas wie die Königsdisziplin der PR darzustellen scheint. Und das, obwohl gerade das Durchspielen und Durchdenken möglicher Szenarien den Eindruck vermittelt, auf Krisen ist man immer und am besten vorbereitet.

  1. rafael

    Mangelhafte Fahrgastinformation ist tatsächlich ein Dauerbrenner in der Kritik an der Deutschen Bahn. Dabei hat sich das Unternehmen eigentlich selbst auf die Fahnen geschrieben, gerade diesen Service zu verbessern.

    Vor allem im Nahverkehr – in erste Linie also in RB, RE und S-Bahn – wären aber auch Bundesländer und Verkehrsverbünde „am Zug“: Sie bestellen nämlich bei der Bahn die Nahverkehrsleistungen und legen dabei Qualitätsstandards fest, die die Bahn einhalten muss – ansonsten sind Vertragsstrafen fällig.

Die Kommentare sind geschlossen.