
Wer sich im Netz bewegt, hinterlässt Spuren. Und allen Rufen engagierter Datenschützer zum Trotz oft auch noch bewusst – und dabei immer privater, immer intimer. Gleichzeitig entstehen immer ausgeklügeltere Wege, personenbezogene Daten zu sammeln, auszuwerten und zu missbrauchen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung läuft Gefahr, seine Grundlage zu verlieren.
Ein öffentlich-rechtlicher Sender hat sich nun mit einem crossmedialen Projekt in die Diskussion um den Datenschutz eingeklinkt. Das ZDF strahlte letzte Woche Mittwoch den Krimi „Wer rettet Dina Foxx?“ aus. Auch hier geht es um die Frage des gläsernen Menschen oder wie es im Film heißt: des „digitalen Doppelgängers“. Die Hauptfigur, Dina Foxx (Jessica Richter), die als aktive Datenschützerin auch unter dem Namen „Data Grrl“ bekannt ist, hat durch mysteriöse Umstände ihren Freund Vasco verloren. Sie selbst wurde des Mordes an ihm beschuldigt und in Untersuchungshaft genommen. Die Internetfirma, für die Vasco und Dina tätig waren, scheint in Vascos Tod verwickelt zu sein. So viel wird verraten, dann endet der Krimi abrupt.
Jetzt sind die webaffinen Krimifans gefragt. Im Internet haben sie bis zum 12. Mai Zeit, Dinas Unschuld zu beweisen und den wahren Täter aufzuspüren. Dafür hat das ZDF in Zusammenarbeit mit der Kreativ-Firma „UFA Lab“ die Internetseite „www.freidaten.org“ ins Leben gerufen. Auf den ersten Blick wirkt sie wie die Seite einer echten Bürgerbewegung. Dahinter verbirgt sich jedoch der rein fiktive Datenschutzverbund, in dem Dina Mitglied und Frontfrau ist. Auf dieser Website findet die Tätersuche statt. Verknüpft mit der Seite sind zahlreiche Videos, Audios, weitere Internetseiten sowie Social-Media-Profile, wie beispielsweise die Facebookseite von „Data Grrl“.
ZDF will zu vorsichtigem Umgang mit persönlichen Daten animieren
Die Idee Fernsehen und Internet miteinander zu verbinden, ist nicht neu – vergangenes Jahr gab es bereits eine ähnliche Produktion des SWR. Doch das ZDF hat auch über freidaten.org hinaus vielfältige Maßnahmen genutzt, um sein crossmediales Projekt zu bewerben. Im Vorfeld gab es virale Marketing-Aktionen, aufwendige Trailer-Produktionen und Internet-Specials, wie die „Errichtung“ von Dinas digitaler Wohnung, in der mögliche Datenfallen des Alltags zu finden sind. Zudem twitterte, bloggte und postete die Redaktion bereits sechs Wochen vor der Ausstrahlung des Krimis auf freidaten.org. Aktuell gibt es kontinuierlich neue Meldungen über die Entwicklung des Falles. So konnte Dina durch die Hilfe der Teilnehmer inzwischen aus der Haft befreit werden.
Das alles geschieht im Namen des Programmauftrags. Das ZDF will mit seinem Projekt auf die Gefahren hinweisen, die durch das Netz entstehen. Es geht den Mainzern darum, die Zuschauer bzw. Webuser für einen vorsichtigen Umgang mit ihren Daten zu sensibilisieren. Der Erfolg der crossmedialen Produktion bleibt jedoch nicht zuletzt angesichts einer Sendezeit um 23.20 Uhr fraglich. Eine große Rolle bei „Wer rettet Dina Foxx?“ spielt sicherlich auch die Eigen-PR, die den Sender im digitalen Zeitalter verorten soll. Denn wenn man sich die Seite freidaten.org genau anschaut, gibt es dort wenige Informationen dazu, wie man sich vor Datenmissbrauch schützen kann – dafür aufwendige Technik, die den Spieldrang der Teilnehmer fördern soll.
Tagtäglich lauern neue Datenfallen
Wer sich nicht nur an der Tätersuche beteiligen will, sondern sich umfassend über den Datenschutz informieren möchte, sollte weitere Quellen hinzuziehen. Die Internetseite „Datenschutz ist Bürgerecht“, die von den Grünen betrieben wird, zeigt beispielsweise, welche Spuren man beim Besuch im Netz hinterlässt: So wird man durch einen Klick auf diese Seite mit Angaben zum eigenen Standort, IP-Adresse, Betriebssystem und Browser begrüßt.
Dass die Speicherung von Daten und Datenmissbrauch – auch außerhalb des Internets – noch viel weiter gehen kann, zeigen aktuell gleich mehrere Beispiele. „Das iPhone als Spitzel“ titelte tagesschau.de vergangene Woche mit Hinblick auf die Erkenntnis, dass das Apple-Smartphone Bewegungsprofile speichern kann. Diese Woche erreichte uns dann die Meldung, dass Hacker sensible Daten von Millionen Nutzern des Sony Playstation-Netzwerks erbeutet haben. Und nun hat auch noch die UNESCO eine gravierende Datenpanne entdeckt: Die UN-Organisation stellte Bewerberdaten über Jahre hinweg öffentlich ins Netz. Es ist dem einzelnen Nutzer also oft gar nicht möglich, zu kontrollieren, was mit seinen Daten geschieht. Der Datenschutz wird offensichtlich jeden Tag wichtiger.
Das hat das ZDF jedenfalls erkannt. Es bleibt also zu hoffen, dass das Projekt „Dina Foxx“ zumindest einige Leute erreicht. Ob die Teilnehmer es dann tatsächlich schaffen, den Täter bis zum 12. Mai zu finden, darauf ist auch die Redaktion selbst gespannt. Schließlich handele es sich um ein Experiment, sagte die zuständige Redakteurin Milena Bonse dem Kölner Stadtanzeiger. Motivation zum Mitmachen erzeugt das Projekt allemal. Aber Vorsicht: dann hinterlässt man zwangsläufig seine Daten auch beim ZDF!