Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Facebook-Party: Mehr Schein als Sein – und dennoch erfolgreich

2
Politik und Social Media
Politik und Social Media

Seit letzter Woche sprechen alle über “Horsti”. Noch eine Woche später sammelt Google über zehn Seiten News zur ersten Politiker-Facebook-Party. Neben den Presseartikeln schwirren Unmengen an Blogeinträgen und Kommentaren durchs Netz. Die PR-Aktion scheint auf den ersten Blick überaus erfolgreich gewesen zu sein. Wir werfen nun einen zweiten Blick auf die PR-Maßnahme „Facebook-Party“.

Vorüberlegungen

Es ist anzunehmen, dass mit der PR-Maßnahme folgende Zielgruppen erreicht werden sollten:

Erstens: Junge und internetaffine Bürger und Bürgerinnen
Zweitens : Die aktiven Blogger, Twitterer und Facebookler
Drittens: Die Piratenpartei
Viertens: Die Medien

Wir werden sehen, inwieweit das gelungen ist. All diese Zielgruppen sollten wahrscheinlich folgende Botschaften erhalten:

– Die CSU gibt sich jung und pro Internet

– Die CSU will sich mit den jungen Bürgern auf Augenhöhe austauschen

– Die CSU nähert sich der Piraten-Partei an

Die Medien springen an

Fangen wir mit der Medienresonanz an. Vor dem Eingang der Münchner Disco P1 erwarteten Seehofer am Abend seiner Party circa 150 Journalisten. Bereits Wochen vor der Veranstaltung ging das Thema durch alle Medien. Positive Aspekte wie das Ausbleiben einer Massen-Katastrophe, der Medienrummel und die Annäherung zur Piratenpartei wurden auf der einen Seite ausgeleuchtet. Die Journalisten ließen aber auch die Kritik seitens der Opposition nicht aus. Dass von den 2500 Angemeldeten nur ein Bruchteil erschien und der Ablauf eher einer Pressekonferenz als einer Party geglichen habe, belächelten die Medien. Wahrscheinlich ist die PR trotz der kritischen Stimmen mit der Medienresonanz zufrieden. Denn deutschlandweite Aufmerksamkeit ist auf jeden Fall entstanden.

Die auflagenstärkste Boulevardzeitung in Deutschland schreibt (Bild):

Gestern Nachmittag hatte SPD-Landtagschef Markus Rinderspacher (43) über Seehofer gelästert: „Ein in die Jahre gekommener Polit-Senior macht plötzlich einen auf Facebook-Hippie.“

Die Piraten fühlen sich geehrt

Ein besonderer Erfolg der Party ist sicherlich die Annäherung zur Piratenpartei. Per Du unterhält sich Seehofer mit Stefan Körner, dem Chef der bayerischen Piraten-Partei. Gemeinsam demonstrieren sie ihre „Facebook-Freundschaft“ auch auf der Bühne. Bei der Gelegenheit nimmt der CSU-Chef einen Mitgliedausweis der Piratenpartei entgegen und lädt umgekehrt Körner zum Politischen Aschermittwoch nach Passau ein. Zwei der Zielgruppen sind damit sehr erfolgreich erreicht.

Zielgruppe: Junge Gäste

Kommen wir zur eigentlichen Zielgruppe des Abends: Den jungen Partygästen. Erst einmal sind von 2500 Facebook-Freunden nur 500 Gäste – die CSU meint 1000 – erschienen. Das spiegelt die Flüchtigkeit und das rein oberflächliche Interesse der Facebook-Freunde Seehofers wider. Auch ist fraglich, ob Seehofer sein Versprechen halten konnte, seine Freunde kennen zu lernen. Das dürfte auf einer lauten und vollen Party nicht ernsthaft möglich gewesen sein. Bilder und Berichte über den Abend zeigen, dass die Begegnungen meist nicht über ein gemeinsames Foto und ein paar Floskeln hinaus gingen. Dadurch wird die angestrebte Aussage „Die CSU will mit den jungen Bürgern auf Augenhöhe reden“ brüchig. Laut den Augenzeugen lagen die kommunikativen Schwerpunkte vor allem bei der Bedienung der Presse, der Bühne und der Parteiangehörigen.

Kommentare auf Seehofers Facebook-Seite

Horst Seehofer:

„Danke an alle meine Facebook-Freunde, die heute ins P 1 gekommen sind. Es war grandios. Ihr habt euch in die Geschichtsbücher eingeschrieben. „

Antwort eines Gastes:

„Seit wann geht eine profane Wahlkampf/Werbeveranstaltung in die Geschichtsbücher ein?“

Die Piraten sind angetan:

„ Also ich war auf der Party! Und ich bin „Pirat“! Es war wenig Polizei im Einsatz (also keine großen Steuergelder verbraten). Es gab Freibier für jeden Gast! Die Deko war super und die
Stimmung ausgezeichnet!“

Kritik über die Ausgaben der Party:

„Lieber Horst, Sorry das ich gestern nicht ins 1er kommen konnte, mußte bis 22.30 arbeiten und heute wieder um 7.00 raus. Ich werde demnächst noch fleißiger arbeiten, dann kannst die nächste Party auf Malle feiern. „

Facebook-PR

Nicht nur auf der Party, sondern auch im Netz dürften sich die jungen Facebook-Freunde vernachlässigt gefühlt haben. Zu den Anfängen der Seehofer-Facebook-Aktivitäten schrieben die PR-Fachleute noch im Stil: „Seehofer macht dies und jenes“. Späterhin merkte man, dass im Netz das persönliche Auftreten eine wichtige Rolle spielt. Nun schreibt der Politiker selbst, was nicht bei jedem Post ganz glaubwürdig wirkt. Zudem gestand Seehofer auf seiner Party ganz frei, dass er die Einträge nicht selbst verfasst. Die Facebook-Nutzer sprangen jedenfalls auf diese persönliche Ebene an und traten mit ihren politischen Anliegen direkt an ihren „Horsti“ heran. Diese positiven Kommentare einer wachsenden Fangemeinde wurden aber nicht beantwortet oder hervorgehoben und damit im Keim erstickt. Mit der Zeit verloren sie sich zwischen den negativen Einträgen, die ebenfalls unkommentiert blieben. Vor allem zu den Vorwürfen über verschwendete Steuergelder und Polizeieinsatz hätte ein guter Moderator Zahlen und Hintergrundinfos beisteuern können.

Internet ist Dialog

Horst Seehofer möchte gerne zweierlei Dinge: Erstens viele Menschen erreichen und zweitens gesprächsfreudig und bürgernah erscheinen. Der Politiker und seine PR-Berater sind sich wohl nicht im Klaren, dass man persönliches Auftreten nicht spielen kann. Wer im Internet erfolgreich sein will, muss präsent sein – jeden Tag. Doch dafür hätte Seehofer eine PR-Redaktion einsetzen müssen, die sich ausschließlich mit den Facebook-Freunden beschäftigt. Fakt ist, dass viele der Fan-Beiträge auf Seehofers Seite auch politischer Natur waren. Anliegen von Bürgern an den Politiker ihrer Wahl: Eine bessere Kommunikation kann sich ein Politiker nicht wünschen. Hier hätte Seehofer viel über sein Publikum lernen können. Doch ihre Posts wurden ignoriert. Er entschied sich für die Kommunikation von oben. Da hätte er auch beim Fernsehen bleiben können.

CSU profitiert von Medienrummel

Die angestrebte Reputation jung, internetaffin und dialogfreudig zu sein, hat die CSU mit ihrer Aktion wenig glaubhaft erreicht. Vor allem die Beinahe-Massen-Katastrophe erzeugte den Anschein, dass die Politiker noch nicht mit dem neuen Medium umgehen können. Dennoch hat Seehofer mit seiner Facebook-Party eine enorme Öffentlichkeit bewegt und demonstriert, dass er es wenigstens versucht. Die Aussage „pro Internet“ zu sein, ist somit glaubhaft angekommen. Bei Seehofers Facebook-Freunden wurden zwar große PR-Fehler begangen, aber ihre Aufmerksamkeit ist auf jeden Fall erreicht. Wahrscheinlich wollte Seehofer auch nicht mehr. Dennoch muss er Acht auf seinen Kurs geben. Wenn die Kommunikation auf seiner Seite so einseitig bleibt, kommen auf der nächsten Facebook-Party keine 500 Gäste mehr. Die neugierigen Jungen werden wegbleiben. Zurück bleiben nur die Parteimitglieder. Das könnte für negative Schlagzeilen sorgen.

Foto: CC BY-NC-SA 2.0, Pascal Paukner

 

  1. Naja, die richtige Werbung kam tatsächlich erst nach der Party. Damit haben sie definitiv das erreicht, was sie wollten.

  2. Philipp

    Wo ist der Opel-Post zu deren Corporate Blog hin?

Die Kommentare sind geschlossen.