
Ein jedes Kind dürfte wohl mit ihnen aufgewachsen sein. Disney-Filme, egal ob Zeichentrick oder Animation, erfreuen jedes Jahr Millionen Menschen. Viele positive Kindheitserinnerungen sind an sie geknüpft und die Walt Disney Company weiß das geschickt auszunutzen. Denn schon lange existiert das Image von Disney in der Form, wie der Konsument die Firma zu kennen meint, nicht mehr.
Hinter den Mickey-Mouse-Ohren verbirgt sich ein milliardenschwerer Konzern, der wenig gemein hat, mit der Ursprungsvision seines Schöpfers Walt Disney. Inzwischen ist das Produktionsstudio omnipräsent. Sei es im TV, Kino, Merchandise oder Online-Streaming. Der einflussreiche TV-Sender ABC („Modern Family“) gehört ebenso zum Repertoire, wie zum Beispiel der Sportsender ESPN oder der Streaming-Dienst Hulu (32 Prozent der Anteile).
Auch auf dem Kinomarkt hat Disney im neuen Jahrtausend zugelegt. 2006 stieß die Kreativschmiede Pixar dazu, die die einzige ernstzunehmende Konkurrenz darstellte. Für vier Milliarden erweiterte Disney seinen Fundus um die Marvel Studios, was bislang als ihr größter Coup gezählt wird. Das Superheldenfranchise wirft Gewinne in Millionenhöhe ab, ein Businessplan bis ins Jahr 2020 ist erstellt. Ein Novum im Filmgeschäft. Doch die Spitze des Eisberges ist noch gar nicht erreicht: 2012 verleibte sich Disney Lucasfilm für vier Milliarden Dollar ein, womit der Konzern sämtliche Anteile der bedeutendsten Filmmarke der Welt hält: Star Wars!

Die Disney Company strebt in bislang ungeahnte Höhen, beinahe kann von einem Monopol gesprochen werden. Natürlich gibt es unzählige Produktionsstudios, doch keines ist auf demselben Niveau wie Disney. Mit einem Umsatz von 45 Milliarden Dollar jährlich ist Disney der große Player am Markt, ohne Zweifel. Doch wie präsentiert sich der Konzern nach außen?
Disney ist sehr darauf bedacht, das Image des familienorientierten Unternehmens nicht zu beschmutzen. Zwar ist das Medienecho bei Übernahmen weiterer Studios – wie zuletzt Lucasfilm – groß, doch sonst herrscht Stillschweigen. Der Name Disney wird nur offiziell verwendet, wenn es der Marke zuträglich ist. Soll heißen: Offensiv wird mit Disney geworben, sobald ein Animationsfilm in die Kinos kommt (z.B. „Die Eiskönigin“). Der Rest, sprich die Haupteinnahmequellen, werden nicht damit in Verbindung gebracht. Kein Marvel-Film wird jemals mit dem Disneylogo davor anlaufen und auch „Star Wars“ wird unter dem Lucasfilm-Logo gezeigt werden. Der Kunde soll auf keinen Fall verschreckt werden. Denn zum einen gehören „Star Wars“-Fans nicht zum typischen Disney-Klientel und zum anderen assoziieren Konsumenten den Namen Disney mit singenden Zeichentrickfiguren. Das passt weder zu Superhelden, noch zu Jedi-Rittern.
Hier unterscheidet sich Disney wenig von anderen Großkonzernen, wie zum Beispiel Nestle, die ebenfalls andere bekannte Marken besitzen, jedoch nicht damit hausieren gehen. Die Unterschiede stecken im Detail. Kein anderes Unternehmen zerrt dermaßen von einem Image, das seit den 20ern Generationen prägte und bis heute vorherrscht. In den Köpfen der Menschen existiert Disney bloß als freundlicher Filmproduzent ohne Ecken und Kanten. Doch hat dieses Image nun auch öffentlich Risse bekommen.
Zum Start von „The Avengers 2 – Age of Ultron“ kündigte Disney sämtliche Verträge mit deutschen Kinos. Ohne Vorwarnung wurden die Kinobetreiber gezwungen, statt 47 Prozent nun 53 Prozent der Ticketpreise an den Verleih zu übergeben. Das mag auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, doch auf mehrere hundert Tickets am Tag hochgerechnet, ergeben sich beeindruckende Zahlen. Zudem strich Disney sämtliche Zuschüsse in Bezug auf Werbung und 3D-Brillen und verlängerte die Laufzeitpflicht von Disneyfilmen im Kino. Selbst Medien in Übersee berichteten darüber, Disney wurde vor allem in sozialen Medien angefeindet. Das Ergebnis: Knapp 200 Kinos bundesweit boykottierten den Superheldenfilm. Disney aber ließ all das unkommentiert stehen, was zeigt, dass sie sich davon nicht einschüchtern lassen.
Hier wird offensichtlich, dass Disney ein gewinnorientiertes Unternehmen ist, wie jedes andere auch. Was zählt ist Wachstum und Profitsteigerung, notfalls eben auf Kosten anderer. Der freundliche Konzern mit der Maus existiert nicht mehr, jedenfalls nicht in der Form, wie er in den Köpfen der Zuschauer bislang weiterlebte. Disney ist eine Großmacht, die tut, was ihr gefällt und damit auch relativ gut fährt. Zwar gelangen hin und wieder kleine Skandale an die Oberfläche, wie zum Beispiel die Weigerung weibliche Heldenfiguren der Marvelfilme als Figuren herzustellen, oder die Verheimlichung chinesischer Zulieferer aus Angst vor Kontrollen, doch sind das nur Fußnoten. Fußnoten in einer Chronik des Erfolgs, der sein Ende noch lange nicht gefunden hat. Alle Welt wartet auf den neuen „Star Wars“ im Dezember. Disney hat also alles richtig gemacht.