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Die Ennomane, der mspro und Herr Friedrich

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Von Klarnamen und Pseudonymen im Internet


Google+ hat damit angefangen und löschte „Die Ennomane“ alias Enno Park, weil dieser das jüngste unter den sozialen Netzwerken nicht seinem richtigen Namen nutzen wollte. „Verwenden Sie den Namen, mit dem Sie normalerweise von Freunden, Familie und Kollegen angesprochen werden.“ schreibt Google-Sprecherin Lena Wagner im Interview mit Spiegel den Nutzern von Google+ vor. Enno Park konnte sich inzwischen nach Angabe seiner Mobilfunknummer und durch Nutzung eines Aktivierungscodes wieder freischalten.

Auch mspro wurde gelöscht. In der Stuttgarter Zeitung erzählt er, dass er seinen Bloggernamen nur aus Solidarität zu andern pseudonymisierten Usern angegeben hatte und dass er durch das Ausfüllen eines Formulares unter Angabe von Gründen seinen Willen durchsetzen konnte. Er darf jetzt auch in Google+ weiterhin mspro heißen.

Nun mischt sich selbst Innenminister Hans-Peter Friedrich ein. Er spricht sich für die Nutzung der realen Namen aus und fragt im Spiegel-Interview: „Normalerweise stehen Menschen mit ihren Namen für etwas ein. Warum nicht auch ganz selbstverständlich im Internet?“ Es werde in der nächsten Zeit kein Gesetzt geben, das dies fordert, aber Friedrich appelliert an die Nutzer des Internets und propagiert die Wichtigkeit des Auftretens mit richtigem Namen.

Der Spiegel listet stichpunktartig Argumente dagegen auf. Man möchte Privates von Arbeitskollegen und Vorgesetzten fern halten und man solle das Recht haben für seine Interessen einzustehen ohne dafür zum Beispiel durch den Arbeitgeber Nachteile zu erfahren. Das Netz solle weiterhin die Möglichkeit bieten seine Meinung zu äußern und die Ideen Friedrichs seien unreflektiert.

In einem Artikel auf pcgames.de werden Hans-Peter Friedrichs Forderung in Zusammenhang mit dem Attentat in Norwegen gebracht. „Täter wie Anders Breivik hätten im Internet jede Menge radikalisierter, undifferenzierter Thesen gefunden und sich dabei von Blog zu Blog gehangelt…“ steht hier, wird aber zurecht gefolgt von einem Vergleich mit den verbalen Äußerungen an Stammtischen. Hier fordere ja auch niemand das Tragen von Namensschildchen.

Solche radikalen Beispiele sind meiner Meinung nach dennoch kein Grund die Nutzer von Social Networks zum Nutzen des eigenen Namens zu zwingen. Ich selbst nutze meinen Namen zwar und störe mich daran nicht, doch auch in meinen Freundeslisten gibt es Tate Mine, die stolze Ta(n)te, die sich so nennt, wie sie sonst nur von Ihren Neffen genannt wird oder Le Na, die Lehrerin einer Mittelstufe, die nicht möchte, dass ihr Privatleben von ihren Schülern verfolgt wird.

Außerdem ist es von unserer westlichen Gesellschaft etwas kurzsichtig, sich für die Nutzung der realen Namen im Netz auszusprechen. Nicht alle Länder sind so demokratisch und liberal wie Deutschland und so entwickelte sich in einigen Teilen der Welt das Internet zum Medium der freien Meinungsäußerung, die sonst in dieser Deutlichkeit für niemanden möglich gewesen wäre. Den „arabischen Frühling“ zum Beispiel hätte es in dieser Form wohl nicht gegeben, wenn sich die Aktivisten nicht so geschützt und anonym im Internet hätten verbinden können.

Selbst wenn sich solche Forderungen, wie Hans-Peter Friedrich sie stellt, eines Tages durchsetzen, wird das kaum dazu führen, dass mehr Menschen wirklich mit ihren richtigen Namen online präsent sind. Das wird zum einen durch de Fantasie der Nutzer sichergestellt: Wer seinen Namen nicht offenbaren will, sucht sich einfach einen neuen aus. Und selbst für diejenigen, die sich nicht selbst einen Namen ausdenken wollen, bietet das Netz Hilfe: Mit dem „Random Name Generator“ kann man sich einfach einen neuen Namen generieren, wobei sogar Geschlecht und Landesherkunft berücksichtigt werden können.

Außerdem wird im Internet ohnehin ordentlich geflunkert. Einer von vier Nutzern von Social Netzwerken zwischen 14 und 29 Jahren lügt bei persönlichen Angaben, laut eines Artikels auf tecchannel.de. Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer unterstützt dies: „Bei Pflichtangaben wie dem Namen kann es sich durchaus empfehlen, ein Pseudonym zu wählen“, sagt er in diesem Artikel, „Man sollte nur jene Angaben machen, die für den Zweck der jeweiligen Community wirklich notwendig sind.“

  1. […] Übrigens: Ob man etwas unter einem Pseudonym veröffentlich, bleibt jedem selbst überlassen – zumindest so lange das noch erlaubt ist. Mit der aktuellen Debatte um einen Verbot von Pseudonymen im Internet in Deutschland, beschäftigt sich der vorherige Blog-Eintrag “Die Ennomane, der mspro und Herr Friedrich”. […]

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