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Die Deutsche Bahn im Haifischbecken

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Der Facebook-Auftritt der Deutschen BahnEinige Zeit ist es her, da stand die Deutsche Bahn mächtig in den Schlagzeilen. Die Facebook-Seite des Unternehmens war noch 2010 ein echtes Debakel. Damals generierte man mal eben mehr als 60.000 Fans um das „Chefticket“ zu promoten und den Nutzern zu zeigen, was passiert, wenn man Social Media nicht versteht. Nach dem Auslaufen dieser Aktion kam nämlich auch keine Reaktion mehr und die Seite wurde für stillgelegt erklärt. Doch man will gelernt haben! Vor drei Wochen startete die Deutsche Bahn den zweiten Versuch bei dem Social Media Riesen Facebook und somit auch den ersten richtigen Auftritt.

Die Vision der Deutschen Bahn ist beachtlich, denn was am 8.Dezember entstand, soll ein Servicezentrum im Internet sein, auf das der Nutzer unter anderem durch zentral platzierte Öffnungszeiten im Userbild der Seite aufmerksam gemacht wird. Eine Facebook-Seite mit Öffnungszeiten? Der Deutschen Bahn scheint es definitiv nicht an Einfallsreichtum zu mangeln. Was jedoch auf den ersten Blick zu belächeln sein mag, erweist sich im Hinblick auf die Nutzung der Seite als hilfreich. Denn die Deutsche Bahn kämpft, wie zu befürchten war, mit viel Kritik.

Negative Kommentare zu Fahrpreiserhöhungen, verspätete Züge, schlechten Service und sogar Rechtschreibfehler der Deutschen Bahn Postings werden zur regelrechten Kritikfalle. Es hagelt negative Eindrücke von enttäuschten und verärgerten Kunden. Schließlich stellt sich die Frage, warum die Deutsche Bahn sich diesen Widerständen freiwillig ausgesetzt hat, da sie eigentlich nur verlieren kann?

Die Kehrseite der Facebook-Münze sieht anders aus. Mit dem neuen Auftritt hat sich die Deutsche Bahn in erster Linie vorgenommen, Dialoge, Service, Informationen und Angebote zu bieten und diese auf einer persönlichen, direkten und unkomplizierten Art und Weise zu behandeln. Ein Team von 13 Männern und Frauen kümmert sich um die Belange der Kunden und das wider erwartend und trotz heftiger und häufiger Kritik mit Bravour. Der Fokus und Mehrwert liegt ganz klar auf dem Service, der auf einem hohen Niveau ist, nebenher erscheinen etwa alle zwei Tage Postings über neue Angebote oder Aktionen wie das „Weihnachtswichteln“. Alles in allem betreibt die Deutsche Bahn jedoch in erster Linie ein gut organisiertes Beschwerdenmanagement. 200 bis 300 Posts muss das Team täglich entgegennehmen und beantworten, keine leichte Aufgabe, doch hier findet der Kritiker keine Angriffsfläche.

Freundlich und vor allem persönlich wird auf jedes einzelne Problem der Nutzer eingegangen. So probierte ein Kommentator sogar die Buchung eines Tickets aus, da es bei der Nutzerin, die ihr Problem äußerte nicht funktionierte. Das nenne ich echten Service auf persönliche Art und Weise. Möglicherweise ist es gerade diese Art der Deutschen Bahn, die ihnen in den letzten Tagen einiges Lob unter der Kritik bescherte. „Frohe Weihnachten an das Team“ ließ sich oftmals in den Tagen vor Weihnachten auf der Seite lesen und auch der erwartete Shitstorm zu den „jugendlichen Treppensitzern in der ersten Klasse“ blieb weitestgehend aus und verschwand in den Massen an Kommentaren.

Wenn auch aller Anfang schwer ist und die Deutsche Bahn es mit so vielen kritischen Beiträgen nicht leicht hat, ist das Experiment erfolgreich angelaufen. Durch den persönlichen Umgang mit den Nutzern und Kunden, der ebenfalls durch die Vorstellung des Teams und die Kennzeichnung der Kommentare mit den jeweiligen Kürzeln unterstützt wird, bauen einige Nutzer scheinbar schon jetzt eine emotionale Bindung auf. Überzogene Kritik wird zunehmend von anderen Nutzern ins lächerliche gezogen und somit relativ schnell, ohne Eingreifen der Kommentatoren, eingedämmt. Persönliche Antworten an jeden einzelnen Nutzer und das bewusste Verzichten auf standardisierte und automatisierte Antworten werden dankend angenommen und auch die zunächst belächelten Öffnungszeiten erfüllen ihren Zweck, denn in genau diesen Zeiten wird einem jeden Kunden schnell, direkt und offen geantwortet und geholfen. Hut ab für den guten Umgang mit massenhafter Kritik und den sonst seltenen persönlichen Bezug zu jedem einzelnen Problem.