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CSR? Lieber nur ein bisschen

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Manchmal ist es ja schon seltsam: Da beteuern PR-Profis, wie wichtig Glaubwürdigkeit in der Kommunikation ist und wie sie sich anstrengen, diese zu verdienen. Das freut mich natürlich. Aber gleichzeitig frage ich mich: Was tun, wenn der Chef das Problem ist? „Über den Wolken“ und „Bedingt gesellschaftsfähig“ überschreibt das manager magazin (Print) zwei Artikel, in denen es um abhebende Konzernlenker und eine internationale Befragung von Top-Managern geht. Ein Ergebnis der Studie: Deutsche Manager schauen nicht weit über’s Werkstor hinaus.

Im Auftrag des manager magazins hatte die Personalberatung Egon Zehnder Führungskräfte aus Deutschland, Frankreich, den USA und Großbritannien befragt. Zwei für mich spannende Ergebnisse: Nicht einmal zwei Drittel der Befragten Deutschen beobachtet regelmäßig gesellschaftliche Entwicklungen; soziale Aktivitäten – also CSR – sind nur für knapp jede vierte Firma wichtig oder sehr wichtig. In beiden Fragen sind die deutschen Manager damit internationale Schlusslichter. Während die Diskrepanz bei der Beobachtung gesellschaftlicher Entwicklungen noch nicht so groß ist, ist sie bei CSR umso auffälliger: Demnach ist Großbritannien das Land, in dem CSR die größte Rolle spielt: Fast drei Viertel der Befragten halten das Thema jedenfalls für wichtig oder sehr wichtig.

Die Autoren der Studie folgern:

„Während die Manager in Großbritannien überzeugt sind, dass Corporate Social Responsibility einen substanziellen Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet und das Thema hier einen entsprechend hohen Stellenwert genießt, betrachten es etwa die deutschen Unternehmen eher als ein Instrument der Außendarstellung, das zur Verbesserung des Unternehmensimages
genutzt wird.“

Fast ängstlich fragt das manager magazin (Print 3/06, S. 106): „Haben wir eine abgehobene Elite, desinteressiert an der Gesellschaft?“ Genau hier können für die PR zwei Probleme liegen:

1. Die Leute, die Unternehmen nach innen und außen repräsentieren, werden in der Gesellschaft immer weniger akzepiert.

2. Wie soll man glaubwürdig kommunizieren, wenn das soziale Engagement zur Fassade zu werden droht? Mich erinnert das an eine lebhafte Diskussion im PR-Seminar vor ein paar Wochen, als wir die CSR-Kommunikation einiger großer deutscher Unternehmen diskutiert haben und die Studenten das Gefühl nicht loswurden, dass hier viel Tünche im Spiel sei.

Erstaunlicherweise zeigt die Zehnder-Studie auch, dass den Managern in Deutschland sehr bewusst ist, dass sie unter einem massiven Vertrauensverlust leiden. Konsequenzen daraus scheinen aber nur wenige zu ziehen (CSR ist da nur ein kleiner Aspekt). „Auch Manager müssen sich fragen, was sie der Gesellschaft zurückgeben sollten“, zitiert das manager magazin den Unternehmer Arend Oetker. Wichtig ist dabei wohl vor allem die Erkenntnis, dass dies keine moralisierende Forderung ist, sondern dass die Akzeptanz eines Unternehmens und seiner Führungskräfte mehr denn je zum Erfolgsfaktor des Wirtschaftens werden. Gute PR kann dies unterstützen indem sie als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Gesellschaft arbeitet – und zwar in beide Richtungen. Es muss ja nicht zum Verbraucherstreik am Kühlregal kommen.

>> Egon Zehnder: Zwischen strategischen Notwendigkeiten und sozialer Verantwortung (pdf-Download der Studie, ca. 0,5 MB)