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Buchbesprechung: Textwissen für die Wirtschaftskommunikation

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Als Susanne Femers, Professorin für Wirtschaftskommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW), sich das erste Mal die „Wissenschaftstheoretischen Grundlagen der Psychologie“ zu Gemüte führte, hat sie nicht alles verstanden. „Unzählige Male“, so wird sie vom UTB Verlag zitiert, habe sie die mittlerweile „völlig zerfledderte Ausgabe von 1977“ gelesen. Spannend sei es gewesen, „aber auch nicht so einfach zu begreifen“. Sicher eine Leseerfahrung, die zwar bildend aber auch frustrierend war. Kaum verwunderlich also, dass sie dieses Jahr ein Lehrbuch mit dem Titel „Textwissen für die Wirtschaftskommunikation“ in der UTB Reihe „…leicht verständlich!“ veröffentlicht hat. Unter Mitarbeit von Marcus Matysiak, Absolvent des Studiengangs Wirtschaftskommunikation der HTW, unternimmt sie den Versuch Berufseinsteigern und Studenten Textwissen für Kommunikationsberufe zu vermitteln. Derlei Sach- und Fachbücher gibt es schon reichlich könnte man meinen. Femers stellt jedoch gleich zu Beginn ihres Werkes klar: „Textkompetenz ist in der Praxis zumeist disziplinübergreifend gefragt. Diesem Anspruch werden die meisten existierenden Textbücher nicht gerecht.“ Ihrem Anspruch folgend macht sie einen Rundumschlag. So nimmt Femers Texte, Instrumente und ethische Aspekte in den Bereichen Journalismus, interne- und externe Unternehmenskommunikation sowie Werbung für den Printbereich und im Internet in neun Kapiteln unter die Lupe.

 

Rundumschlag in neun Kapiteln

Vor der Textproduktion ist die Recherche unerlässlich. Mit dem Internet haben sich Recherchegrundlagen jedoch maßgeblich erweitert. Nach dem einführenden ersten Kapitel nimmt sich Matysiak der Informationsbeschaffung im Internet an. Wie man die Google-Suche zielführend nutzt, sich im Angebot von Online-Medien und Social Web zurechtfindet und in Datenbaken und Webkatalogen nicht die Übersicht verliert, wird hier ausführlich beschrieben. Respektabel ist, dass er auch auf die Wissensbeschaffung außerhalb des Webs eingeht. Denn viel zu häufig werden Bibliotheken und der Buchhandel, die Medien bereitstellen, die man eben nicht im Internet einsehen kann, außer Acht gelassen – vor allem von der „Generation Internet“.

Kapitel drei widmet sich journalistischen Texten. Hier kann sich der Leser einen guten Überblick über die gängigsten Textformen informierender und tatsachenbetonter sowie unterhaltender und meinungsäußernder Texte verschaffen. Wie auch in den folgenden Kapiteln sind die vorgestellten Texte mit Beispielen und Auszügen aus verschiedenen Medien anschaulich aufbereitet.

Bevor auf Textformen und Anlässe für die interne und externe Unternehmenskommunikation eingegangen wird, muss sich der Leser zunächst durch die erschöpfende Vorstellung der konkurrierenden Begriffe der Kommunikationswelt kämpfen. Nur um an deren Ende zu erfahren, dass es sich auf einer allgemeinen Ebene der Begriffsbestimmung durchaus rechtfertigen lasse, „die Begriffe Unternehmens- und Organisationskommunikation austauschbar zu verwenden“.

Folglich wird auch der Unterschied zwischen Public Relations und Werbung erläutert. Hier vermeidet Femers geschickt, sich auf eine Diskussion über den Stellenwert der beiden Disziplinen für die Unternehmenskommunikation einzulassen. Darüber kann man sich nämlich „trefflich streiten“. Sie vergisst dabei aber nie auf die entsprechende Literatur zu verweisen und verschafft Lesern damit weitere Orientierungsmöglichkeiten.

Matysiak erläutert im fünften Kapitel, wie Texte für das Internet im Sinne der Nutzerfreundlichkeit geschrieben oder aufbereitet werden müssen. Dabei werden auch die gängigsten Kanäle, wie soziale Netzwerke, Blogs und RSS-Feeds genannt. Hilfreich ist auch die knackige Beschreibung für suchmaschinenoptimiertes Schreiben und dem Einsatz von Keywords.

Wie gestalte ich einen Werbetext? Was ist überhaupt ein Slogan und welche Funktion hat er? Nach welchen Kriterien werden eigentlich Produkt-, Marken- oder Unternehmensnamen ausgewählt? Weitere Fragestellungen und Antworten findet der Leser unter dem Abschnitt „Texte für die Werbung“.

Die beiden Kapitel, die sich anschließen, beschäftigen sich mit der stilistischen und strukturellen Textgestaltung. Während ersteres einen Überblick über Sprachspiele, rhetorische Figuren und Satzstrukturen bietet, behandelt letzteres hauptsächlich die Gewichtung und Platzierung von Argumenten. Den Schwerpunkt setzen dabei die Fünfsatztechnik und ihre Anwendungsmuster. Dies scheint der strukturellen Textgestaltung inhaltlich nicht gerecht zu werden, ist aber folgerichtig, da einiges schon in den vorherigen Kapiteln unter den behandelten Textsorten erläutert wurde.

Zu guter letzt geht Femers auf „Minenfelder und Fallen, Grauzonen, gerade und ungerade Wege und oftmals Fragen, an denen sich die Geister scheiden“  –  den ethischen Aspekten in der Textgestaltung – ein. Die Einführung in dieses Themengebiet ist allerdings zäh geraten. So werden zunächst vier verschiedene Typen von ethischen Theorien vorgestellt. Am Ende dieser Ausführungen bemerkt Femers selbst: „Alle vorgestellten klassischen ethischen Theorien sind sehr abstrakt, ihre Bezüge auf lebensweltliche Phänomene sind so rudimentär, dass ihrer Realisierbarkeit Grenzen gesetzt sind.“ Dass sie dennoch Implikationen aufzeigen würden, die für die Ethik der Wirtschaftskommunikation wertvoll seien, klingt wie eine Rechtfertigung, sie überhaupt angesprochen zu haben. Auch die folgenden Ausführungen, die sehr lesenswert sind, nehmen keinen direkten Bezug mehr auf die vorgestellten Theorien. So stellt sich das Gefühl ein, sie gelesen zu haben, sei reine Zeitverschwendung gewesen. Der Rest des Kapitels erfüllt aber die Erwartungen an das Thema und verrät wie Journalisten, PR-Fachleute und Werbetreibende ihre Arbeit auf die ethischen und moralischen Vorstellungen der Gesellschaft ausrichten müssen und welche Institutionen versuchen die Branche „sauber zu halten“.

 

Fazit

Mit „Textwissen für die Wirtschaftskommunikation“ erfindet Femers das Rad nicht neu – will sie aber auch nicht. Für diejenigen, die überlegen einen Medienstudiengang zu belegen, kann ihr Werk Orientierung bieten und mit dem Thema vertraut machen. Dabei helfen auch die zahlreichen Literaturverweise und Beispieltexte. Studenten in späteren Semestern und Berufseinsteigern dürften die meisten Inhalte bereits bekannt sein. Dennoch eignet sich das Buch als kompaktes Nachschlagewerk für alle, die in Kommunikationsberufe streben. Zusätzlich zu den vorgestellten Kapiteln enthält das Werk zahlreiche Übungen samt Lösungen, beziehungsweise Lösungsvorschlägen. Etliche Grafiken wie Tabellen veranschaulichen die Inhalte, die dank der einfachen Sprache – was besonders wichtig ist – leicht verständlich sind.

 
Femers, Susanne (2011): Textwissen für die Wirtschaftskommunikation. Konstanz: UTB / UVK/Lucius Verlag, Christian Jaschinski (Hrsg.), 408 S., 104 Abb., 34,90 €. Oder als e-book: 27.90 €, ISBN 978-3-8252-8446-6