Nach über vier Jahren Studium an der FH Darmstadt habe ich endlich mein Diplom in der Tasche. Jetzt, wo alles vorbei ist, möchte ich an dieser Stelle gerne noch einmal auf meine Diplomarbeit („Der Kandidat ist Online! – Politische Kommunikation im Internet“) hinweisen. Schließlich studieren wir Online-Journalismus und da find ich es nur zeitgemäß, wenn die Diplomarbeiten nicht nur in der Bibliothek stehen. Außerdem möchte ich dem Wunsch nach einer Web-Veröffentlichung von Steffen Büffel, der freundlicherweise auch für ein Experteninterview zur Verfügung stand, gerne nachkommen. Auf einen Schlussgedanken möchte ich an dieser Stelle noch hinweisen. Nachdem ich mich monatelang mit dem Thema beschäftigt habe, möchte ich als mögliches Zukunftsszenario die „Multimediademokratie“ benennen.
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Das Internet und damit auch die Online-Kommunikation sind zum festen und integrierten Bestandteil der Medienlandschaft geworden – verbunden mit einer zunehmenden Professionalisierung und „Normalisierung“. Möglicherweise wird am (vorläufigen) Ende dieser Medienevolution die Mediendemokratie von einer neuen Form abgelöst werden: der Multimediademokratie (Der Begriff Multimediademokratie wurde in der Literatur noch nicht geprägt und soll an dieser stelle nicht abschließend definiert, sondern nur grob umrissen werden). Bedenken hinsichtlich der Kommunikationsanforderungen in einer Multimediademokratie müssen Politiker allerdings nicht haben. Die neuen Kommunikationsmechanismen werden nicht unmittelbar Realität und sind auch nicht unbedingt mit revolutionären, neuen Aspekten verbunden. Vielmehr werden alte Methoden, Formate und Instrumente adaptiert, ergänzt oder durch neue ersetzt, beispielsweise weicht das klassische Issue Monitoring dem Internet- bzw. Blog-Monitoring. Auch zu einem bedeutenden Machtverlust professioneller Medienschaffender wird es wohl nicht kommen. Viel wahrscheinlicher ist eine Verlagerung der Vierten Gewalt – so könnten beispielsweise die Leitartikel-Schreiber und Kommentatoren der Tageszeitungen langfristig ihre Deutungshoheit an professionelle A-Blogger und Online-Journalisten verlieren. In der zunehmenden Verschiebung der (Netz-)Öffentlichkeit näher in Richtung des politischen und gesellschaftlichen Zentrums, läge wohl die schwerwiegende Veränderung in einer Multimediademokratie. Es bleibt abzuwarten inwieweit es tatsächlich zu einer neuen Form der Wähler-Mobilisierung und der zunehmenden Einbindung des „Durchschnittsbürgers“ in politische Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse kommen wird. Dies wird maßgeblich auch davon abhängen, inwieweit die breite Masse die neuen Möglichkeiten einfordert. Wobei der neu definierten Gruppe der „Bequemen Modernen“ (nach Dr. Martin Emmer) sicherlich eine Schlüsselfunktion zukommt.
Sollte die derzeitige Entwicklung tatsächlich anhalten, liegen darin jedoch nicht nur neue (kommunikative) Herausforderungen an die politischen Akteure, sondern auch Chancen, da sie ihre Machtlegitimation wieder basisdemokratischer erhalten könnten: Durch einen Rückhalt bei den Wählern – der sich nicht nur durch die Stimmabgabe am Wahltag, sondern zunehmend auch in der Zeit dazwischen in neuen Kommunikationsprozesse äußern würde – könnte ein Politiker auch die Position gegenüber dem politischen Gegner oder Lobbygruppen stärken. Und so würde die politische Online-Kommunikation (aus Sicht des Bürgers) die einzelne Wählerstimme aufwerten und zu neuer Bedeutung verhelfen. Der Wähler wäre in einer Multimediademokratie durch die kommunikativen Möglichkeiten des Internets in der Lage seiner eigenen Stimme wesentlich schneller und eindringlicher „Gehör zu verschaffen“ – und zwar nicht nur durch Meinungsumfragen oder Urnengänge. Im Idealfall würde es gar zu einer Renaissance unseres repräsentativen Demokratiesystems kommen. Plötzlich wäre es nicht länger die Medienelite in ihrer Mittlerrolle, sondern wieder der Wähler selbst, mit dem sich die gewählten Repräsentanten schwerpunktmäßig auseinandersetzen müssten. Darin läge der schwerwiegende Unterschied zwischen Mediendemokratie und Multimediademokratie. Letztlich wäre genau dieser Aspekt die größte kommunikative Herausforderung an die politischen Akteure in einer Multimediademokratie.
Super, dass Du Deine Arbeit online gestellt hast. Werde ich mir bei Gelegenheit mal in Ruhe intensiver anschauen. Den Begriff der Multimediademokratie finde ich zwar schon ganz gut, aber ich würde noch weiter gehen und von einer „interaktiven Crossmediademokratie“ sprechen. Was ich damit meine, werde ich gleich mal in ein eigenes Posting überführen. Dein Begriff hat mich inspiriert! 🙂