Dass einige Werbetreibende nur allzu gern das Trennungsgebot abschaffen würden, sollte niemanden überraschen. In einer Zeit, in der die Wirkung traditioneller Werbung dramatisch nachgelassen hat, würden sich viele Unternehmen sofort auf die Möglichkeit stürzen, ihre Werbebotschaften als redaktionelle Inhalte zu tarnen.
Bis jetzt standen dem immer die Medien entgegen, die im Sinne ihre Zuhörer und Zuschauer auf das Trennungsgebot bestanden. Mittlerweile ist dieses Verantwortungsbewusstsein jedoch stark am Bröckeln.
In der amerikanischen Stadt Minneapolis führt die Radio-Station KARE 11 (ein Mitglied der Gannet-Gruppe) nun offiziell das sogenannte „advertainment“-Format ein, in dem zusätzlich zu den regulären Werbepausen die Werbeinhalte auch mit redaktionelle Inhalten verschmolzen werden. Im Klartext bedeutet das, dass sich Unternehmen in die redaktionellen Inhalte der Radiostation einkaufen können. „Unternehmen müssen zwischen 2000 und 2500 Dollar für 5-Minuten-Segmente in der Show bezahlen“, so John Remes, Geschäftsführer von KARE 11. „Das ist eine Gelegenheit für die Werbeindustrie das Publikum auf eine Weise zu erreichen, die bisher nicht genutzt wurde.“
Das “advertainment”-Format läuft bereits erfolgreich bei anderen Radio-Stationen der Gannet-Gruppe in vielen amerikanischen Großstädten, darunter Denver, Sacramento, Atlanta und Cleveland. Laut Remes, ist dieses Format vor allem ein finanzieller Erfolg für die Radiostationen.
So moralisch fragwürdig diese Entwicklung auch ist, überraschen sollte sie eigentlich niemanden: Medienunternehmen sind schließlich immer auf der Suche nach neuen Einnahmequellen. Um im harten Medienwettbewerb bestehen zu können, werden dann auch schnell Zugeständnisse an die Werbekunden gemacht.
Vom ethischen Standpunkt aus, ist diese Entwicklung trotzdem sehr bedenklich: Die Medien werden immer mehr zu Marionetten für die Werbeindustrie. Man sollte jetzt aber nicht so blauäugig sein und diesen Trend nur den amerikanischen Verhältnissen zuschreiben. Dass auch in Deutschland die Grenze zwischen Werbung und redaktionellem Inhalt mittlerweile sehr fließend ist, können wir jedes Jahr regelmäßig zur Weihnachtszeit beobachten. Welches Medium lässt es sich da entgehen, seine Werbekunden im obligatorischen Geschenkeratgeber lobend zu erwähnen.