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Werbung ist tot – es lebe die PR

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Jetzt, wo sich das Semester langsam dem Ende zuneigt und die Ferien immer näher rücken, möchte ich euch an dieser Stelle einmal ein sehr lesenswertes Buch vorstellen: „PR ist die bessere Werbung“ von Al und Laura Ries. Das Buch ist nicht perfekt, aber ich würde es doch jedem ans Herz legen, der seine Zukunft in der PR sieht.

Al Ries ist einer der bekanntesten Marketing-Autoren, und das seit mehr als dreißig Jahren. Zusammen mit Jack Trout hat er zahlreiche Marketing-Klassiker geschrieben, darunter „Die zweiundzwanzig unumstößlichen Gebote im Marketing“ und „Positioning – Die neue Werbestrategie“. Heute stellt der Marketing-Experte regelmäßig die Rolle der Werbung in Frage und propagiert PR als die Zukunft der Markenkommunikation.

Für sein Buch „PR ist die bessere Werbung“ hat sich Al Ries tatkräftige Unterstützung ins Boot geholt: Seine Tochter Laura Ries, die schon früh in die Fußstapfen ihres Vaters getreten ist und nun zusammen mit ihrem Vater eine Consulting-Firma leitet. Zusammen reiten sie eine Frontalattacke gegen die Werbewelt.

Zu teuer, zu ineffizient, zu unglaubwürdig. Werbung ist schon lange nicht mehr die erste Wahl, wenn es darum geht, Marken aufzubauen. Die PR muss heute diese Rolle übernehmen. Das ist die Kernaussage, die das Vater-Tochter-Gespann auf mehr als 300 Seiten ausbreitet.

Anhand von zahlreichen Beispielen, zeigen die Autoren, in welcher Schieflage sich die Werbebranche heute befindet:

  • Werbung hat keine Glaubwürdigkeit. Niemand glaubt heute mehr das, was in der Werbung erzählt wird. Dabei ist Glaubwürdigkeit einer der wichtigsten Faktoren in der Kommunikation.
  • Werbung erreicht die Menschen nicht. Die angepeilte Zielgruppe ist mittlerweile sehr geschickt darin, Werbung zu ignorieren oder ganz zu umgehen. Der ungebremste Siegeszug der below-the-line Instrumente beweist, wie sehr die Unternehmen auf neue Kommunikationswege angewiesen sind.
  • Werbung ist zu einer Kunstform verkommen. Die heilige Kuh Kreativität steht im Mittelpunkt des Werberuniversums. Ob eine Kampagne die Kernbotschaften und Alleinstellungsmerkmale einer Marke vermittelt, scheint den Werbemachern ziemlich gleichgültig zu sein.
  • Werbung macht auf Kosten des Auftraggebers die Agenturen bekannt, nicht das Produkt. Die Werbemacher kämpfen lieber um prestigeträchtige Werbepreise, als im Sinne ihrer Auftraggeber zu handeln. Dabei kommen dann höchst künstlerische und ästhetische Kampagnen heraus, die mit der eigentlichen Marke nicht mehr zu tun haben und keinen Beitrag zur Markenbildung leisten.

Den Ausweg aus dieser Werbemisere sehen Al und Laura Ries in dem vermehrten Einsatz von PR in der Markenkommunikation. Als Beweis für diese Behauptung führen die beiden zahlreiche Unternehmenserfolge der letzten Jahre an, die ausschließlich auf guter PR basieren: Amazon, Linux und Harry Potter sind auch ohne Werbung, dafür aber mit viel positiver Publicity und Mundpropaganda, zu Erfolgen geworden.

Zumindest verdammen Al und Laura Ries die Werbung nicht vollständig aus dem Werkzeugkasten der Kommunikation. Wenn es darum geht, eine Marke zu verteidigen und ihr Image zu festigen, kann man ruhig Werbung einsetzen. Entscheidend sei, dass die Werbung die Botschaften aus der PR aufgreift und nicht zum Selbstzweck verkommt.

Leider machen es sich Al und Laura Ries manchmal ein bisschen zu leicht mit ihrer Argumentation. Da werden schon mal sehr fragwürdige Argumentationsketten aufgestellt, z.B. General Motors gibt mehr Geld für Werbung aus als Ford und verliert trotzdem immer mehr Marktanteile. Ergo hat die Werbung keinen Einfluss auf den Unternehmenskurs.
Solche grobschlächtigen Argumentationen werfen kein gutes Licht auf die eigentlich interessanten Ries´chen Thesen. Dass die Autoren vollständig auf Quellenangaben verzichten, macht die Sache auch nicht besser.

Trotz dieser Mängel, halte ich das Buch für absolut empfehlenswert. Es ist unterhaltsam und verständlich geschrieben und zeigt neue und interessante Sichtweisen für die PR. Die Löcher in der Argumentation sind zwar manchmal so groß, dass man einen Tanklaster durchfahren könnte, aber wer das Buch mit einem offenen Geist liest, wird es nicht bereuen.